Medienschau

"Damien Hirst hat nichts über das Handwerk der Malerei gelernt"

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Ein vernichtendes Urteil über die Londoner Kunstmesse Frieze, ein Galerist als Putins Spindoktor und ein obszön bemaltes Schiffswrack: Das ist unsere Medienschau am Donnerstag


Porträt 

"Wir haben verantwortungslos gehandelt", sagt der russische Galerist und PR-Berater Marat Guelman im Porträt von Sonja Zekri in der "Süddeutschen Zeitung". Marat, ein "glamourös zauseliger Freigeist", beriet nach dem Zerfall der Sowjetunion unter anderem Wladimir Putin und wirkte daran mit, den Aufstieg demokratischer Kräfte zu unterbinden und dem heute entfesselten Diktator den Weg zu bereiten. "Guelman, geboren im damals sowjetischen Moldawien, war ein Magier der 'schwarzen PR', manipulierte die noch freien Medien, erfand Parteien wie die nationalistische 'Heimat', Rodina, schwächte das Parlament, diskreditierte Politiker", schreibt Zekri. Dann fiel er mit seinen teils liberalen Positionen jedoch in Ungnade und verließ Russland. Nun hat er in der deutschen Hauptstadt eine Galerie eröffnet. "Und jetzt Berlin? Warum nicht New York? Hat er sich angesehen. Auch Belgrad, London, Paris. Und dann entschieden, dass gerade Berlin ihn braucht, eine Stadt, die, wie er gewagt verkündet, 'nie eine wichtige künstlerische Strömung hervorgebracht' habe, eine Stadt aber auch, in der sie sich gerade alle treffen: die Putintreuen und die Putingegner, Ukrainer und Belarussen, Künstlerinnen und Schriftsteller. Und er, Marat Guelman, wolle mit seiner Galerie, die auf höchst symbolische Weise einen Steinwurf entfernt von der Russischen Botschaft liegt, ein Laboratorium bieten, einen Ort, an dem experimentiert werde, ganz gleich, ob er damit Geld verdiene."


Kunstmarkt

Der britische Kunstkritiker Jonathan Jones fällt im "Guardian" ein vernichtendes Urteil über Damien Hirsts neue "Garden Paintings", die auf der Kunstmesse Frieze in London bei Gagosian zu sehen sind. "In den frühen 1990er-Jahren ließ Hirst die Kunst unsicher und empörend erscheinen, als wäre sie etwas, das in der Welt von Bedeutung ist. Jetzt malt er Gärten - was wunderbar wäre, wenn er es gut machen würde. Leider ist er kein David Hockney. Er zeigt nach wie vor keinerlei Talent für die Malerei der realen Welt. Es ist 14 Jahre her, dass Hirst zum ersten Mal 'richtige' selbstgemachte Gemälde ausgestellt hat. Seitdem hat er nichts über sein Handwerk gelernt", schreibt Jones. Auch die Kunstmesse als Ganzes kommt nicht gut weg und erntet nur einen von fünf möglichen Sternen. Hirsts fade Gemälde seien nicht mal das Fadeste auf der Verkaufsschau: "Warum glauben die Menschen, dass Kojen, die mit einer Auswahl an verkäuflichen Dingen gefüllt sind, der ideale Ort sind, um die Kraft der Kunst zu würdigen?"


Ausstellung

Der US-Regisseur Spike Lee ("Do The Right Thing") war mal eine Lichtgestalt des Schwarzen Kinos, stand zuletzt aber immer öfter in der Kritik. So wurde seinem Film "BlacKKKlansmen" vorgeworfen, Propaganda für die Polizei zu betreiben, deren Gewalt überproportional Afroamerikaner trifft. Außerdem hatte er Werbeclips für den Fahrdienst Uber (beutet vor allem People of Color aus) und Kryptowährungen gemacht (die inzwischen gecrasht sind). Das Brooklyn Museum in New York widmet der kontroversen Gestalt nun eine Ausstellung. Dazu schreibt Lukas Hermsmeier in der "Zeit", dass die Schau einen differenzierten Blick ermögliche und trotz allem die Verbundenheit Lees zur Black Community und politischen Anliegen seiner Zeit verdeutliche. Man müsse ihn also nehmen, wie er sei: "Diese Aufforderung gilt im Grunde für Lees gesamte Karriere. Er ist noch nie einer Agenda gefolgt, sondern vielmehr einer Neugierde, die ihn oft unberechenbar erscheinen lässt. Verlässt man die Ausstellung, fragt man sich tatsächlich: Kann es sein, dass sich der 66-jährige Filmemacher in seiner fulminanten Eigenwilligkeit einfach nur selbst treu geblieben ist?"

In Frankfurt am Main sollen gerade die Menschen zu Wort kommen, aus deren Heimatländern die Kunstobjekte geraubt wurden, die wir hier in Europagern unsere "Kulturschätze" nennen. Das Museum für Weltkulturen stellt den sogenannten Benin-Bronzen aus seiner Sammlung Interviews und Werke nigerianischer Künstlerinnen und Künstler entgegen. Dazu schreibt Katharina Deschka in der "FAZ", dass es um die Zugänglichkeit der Objekte geht, die viele Afrikanerinnen und Afrikaner nur im Ausland sehen können - wo sie oft aufgrund ihrer Pässe nicht hinkommen. "Denn noch können längst nicht alle Nigerianer die Werke ihrer Vorfahren sehen, weil ihnen das Reisen oft nicht möglich ist. Dass es die von ihrem Haus eingeladenen Künstler so schwer haben würden, ein Visum zu bekommen, damit hätte sie nicht gerechnet, berichtet auch Museumsleiterin Eva Raabe: 'Wir haben bis zuletzt gezittert.'"


Das besondere Kunstwerk

Kunstkritiker Jerry Saltz beschimpfte sie als "New Yorks Lavalampe", doch die Installation "Unsupervised" des Künstlers Refik Anadol ist seit Monaten ein absoluter Dauerbrenner und "Like-Generator" im New Yorker MoMa. Nun hat das Museum mithilfe von Sponsoren den opulent wabernden Farbwirbel angekauft, der durch KI immer neue Bildschleifen generiert. Unter anderem berichtet "Artforum". Das Medium zitiert die großzügigen Spender, einen Sammler aus der Techbranche und die RFC Collection: "Dieses Projekt hat eine großartige Brücke zwischen den traditionellen und den digitalen Medien geschlagen, es hat einen großen Einfluss auf die breitere Kunstgemeinschaft, es hat unschätzbare Diskussionen ausgelöst und Künstler auf der ganzen Welt inspiriert."

Das gestrandete Wrack eines Muschelsaugers auf der Nordsee-Insel Norderney ist beliebtes Fotomotiv und Spielplatz für Graffiti-Künstler. Nun sorgt ein neues Motiv für Diskussion, denn der rostige Schiffsleib wurde mit nackten Brüsten im Comic-Stil besprüht. Anna Hoffmann sammelt für "T-Online" empörte bis amüsierte Reaktionen auf das neue Design, zollt den Verursachern aber auch Respekt: "Ob es nun gefällt oder nicht: Fest steht, dass der Künstler große Anstrengungen auf sich genommen hat, um mit Spraydosen bepackt zum Wrack zu kommen. Ein Spaziergang zur 'Capella' dauert circa zwei bis drei Stunden. Zehn Kilometer müssen zu Fuß zurückgelegt werden, um in den naturbelassenen Inselosten zu kommen."