Medienschau

Wirksamere Taktiken sind nötig

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Wieder kein russischer Pavillon auf der Venedig-Biennale, Gottfried Helnwein schockt mit Bannern im Stadtraum und Lebensmittel auf Kunstwerke werfen ist so 2022: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch

Debatte

Lebensmittel auf Kunstwerke werfen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, wirkt nicht mehr, findet der "Guadian": "Die Wiederholung hat die Proteste in Kunstmuseen so sehr abgestumpft, dass die Kürbissuppen-Attacke auf die Mona Lisa erbärmlich wirkte. Wirksamere Taktiken sind nötig", schreibt Giovanni Aloi. "Alternative Erfolgsmodelle sind direkt vor der Nase der Aktivisten. Im Jahr 2016 beendeten die Ölprotestler die 26-jährige Finanzierung der Tate-Museen durch BP, indem sie eine breite Palette an äußerst einfallsreichen und kreativen Performances, Veranstaltungen und Sit-ins in der Tate Modern und der Tate Britain organisierten. Nan Goldins Kampagne gegen die große Pharma-Familie Sackler hat sich ebenfalls als unglaublich effektiv erwiesen, so dass viele Institutionen ihre Beziehungen zu ihnen abgebrochen und ihren Namen von den Wänden der Säle entfernt haben."

Der österreichische Maler Gottfried Helnwein sorgt in seinem Heimatland mit Bannern im öffentlichen Raum weiter für Unruhe: "Die größte Aufregung bescherten die Motive zweier sich küssender Mädchen (Erinnerung) am Rathaus und die Darstellung eines blutverschmierten Kindes (Das Lächeln) am eingerüsteten Stadttheater", berichtet Olga Kronsteiner im "Standard". "Gewaltverherrlichend sei das und spreche zudem pädophile Sehnsüchte an, so die Vorwürfe. Ein Anlass, diese Themen mit Kindern und Jugendlichen zu besprechen, konterte Kulturreferent Andreas Hecht. Für Irritation sorgte weiters das Sujet eines Mädchens in einer SS-Uniform, genauer der eines SS-Oberscharführers. Das (öffentliche) Tragen einer solchen Uniform hätte bekanntlich eine Anzeige wegen Wiederbetätigung zur Folge. Aber auch die simple Zurschaustellung, Darstellung oder Verbreitung von Abzeichen, Uniformen oder Uniformteilen einer verbotenen Organisation ist gesetzlich untersagt."

Weitere Absagen im Rahmen der Kampagne "Strike Germany": Timo Feldhaus berichtet in der "Berliner Zeitung", dass die Künstlerinnen Banu Cennetoğlu und Pilvi Takala ihre jeweiligen Einzelausstellungen im n.b.k. Neuer Berliner Kunstverein e.V. absagen. "In der Erklärung heißt es, sie hätten 'versucht, mit der n.b.k. in einen Dialog zu treten, um unsere Bedenken und Forderungen in Bezug auf den anhaltenden Völkermord in Palästina zu erörtern.' Dies sei aber gescheitert. Weiter heißt es: 'Trotz unserer Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit zeigten unsere Gespräche, dass der n.b.k. nicht gewillt ist, seine derzeitige interne Politik zu ändern, um zu zeigen, dass er mit der repressiven Politik des deutschen Staates nicht einverstanden ist. Darüber hinaus lehnte der n.b.k. eine von uns vorgeschlagene künstlerische Geste ab, die sich an der kollektiven Solidarität mit Palästina orientieren sollte.'" Timo Feldhaus fragt sich, wie es so weit kommen konnte: "Wieso wurde das Gespräch von den Künstlerinnen abgebrochen? Und gehen ihre Forderungen, einer Kunstinstitution den politischen Weg vorgeben zu wollen, nicht doch zu weit?"

Venedig-Biennale

Russland wird zum zweiten Mal in Folge keinen Pavillon auf der Biennale von Venedig haben. Ein Biennale-Sprecher bestätigte das gegenüber "Artnews", äußerte sich aber nicht weiter zu den Gründen. Vor zwei Jahren war wegen des Kriegs in der Ukraine keine Ausstellung im russischen Pavillon zu sehen. Die Biennale wird in diesem Jahr vom 20. April bis zum 24. November in den Giardini, dem Arsenale und an weiteren Orten in Venedig stattfinden.

Vandalismus

Einen kuriosen Fall von gescheitertem Vandalismus berichtet die Agentur APA, nachzulesen etwa im "Standard": "Ein 42-Jähriger hat in der Wiener Albertina einen Marmortisch beschädigt. Nachdem ein Sicherheitsbeamter den Österreicher darauf angesprochen hat, soll sich der Mann mit dem Rücken an die Wand gestemmt und mehrmals versucht haben, eine schwere Bronzestatue im Foyer des Museums mit beiden Händen umzuwerfen. Er scheiterte jedoch daran, da die Statue zu schwer war." Die Motive des Mannes liegen im Dunkeln. 

Theater

Wie war das Lebensgefühl in Andy Warhols Factory? "All Tomorrow's Parties" am Stadttheater Ingolstadt führt mitten hinein ins legendäre New Yorker Studio, schreibt Allegra Knobloch in der "SZ". "Fast alles wird mit einer Filmkamera festgehalten und teilweise im Pop-Art-Stil auf zwei Wände übertragen. Ansonsten schmücken Markenlogos, Marilyn Monroe und minutenlang knutschende Menschen die Projektionsflächen, allesamt eine Hommage an Warhols Arbeit. Wie damals im Epizentrum der Kreativszene, verlaufen Kunst und Leben parallel zueinander, das Erlebte wird dokumentiert und verwertet - eine Tendenz, die sich im Social-Media-Zeitalter widerspiegelt. 'I'll be your mirror, reflect what you are, in case you don't know', singt The-Velvet-Underground-Sängerin Nico in Warhol-Gewand passend dazu."