Medienschau

Alles Leben wird von Eis und Schnee erdrückt

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Kann man Künstler und Werk nun trennen? Wie hat Margaret Thatcher den Turner-Preisträger Jesse Darling politisiert? Und wie hat Punk die Kunst geprägt? Das ist unsere Medienschau am Mittwoch
 

Debatte 

Der aktuelle Gewinner des britischen Turner-Preises, Jesse Darling, hat die Verleihung der renommierten Kunstauszeichnung auch für politische Statements genutzt. Der in Berlin lebende Künstler wurde für eine Installation geehrt, die unter anderem aus Stacheldraht, verformten Drängelgittern und zerfledderten Flaggen besteht und sich mit Sparpolitik, dem Brexit und der Abschreckungspolitik des Vereinigten Königreichs gegenüber Migranten auseinandersetzt. Wie die BBC berichtet, kritisierte Darling in seiner Dankesrede, dass konservative Regierungen wie die von Margaret Thatcher den Kunstunterricht in Schulen vernachlässigt und damit die Botschaft vermittelt hätten, Kunst sei nur etwas für Bessergestellte. "Glaubt das nicht", sagte Darling. "Sie ist für alle." Auch im Nahostkrieg positionierte sich der Geehrte eindeutig. Nach der Rede zog er eine Palästina-Flagge aus der Tasche. 

Vor dem Hintergrund des Nahostkriegs, der Debatten um die Deutungshoheit und der Absage von Ausstellungen aufgrund von Social-Media-Posts kommt wieder einmal die Frage in Mode, ob und wie man Künstler und Werk trennen sollte. Eine subjektive Abhandlung hat dazu nun die Autorin Claire Dederer vorgelegt. In ihrem Buch "Genie und Monster. Von der Schwierigkeit, Künstler und Werk zu trennen" nähert sie sich ehemaligen Idolen wie Woody Allen und Roman Polanski, denen schwere Verbrechen zur Last gelegt werden, deren Filme sie aber weiterhin auf eine gewisse Art berühren. Kira Kramer bespricht das Buch in der "FAZ" - und hält ihm seine Bereitschaft zur Differenzierung zugute. "Dederer ist sich bewusst, dass nicht jeder auf Kunstwerke blickt, wie sie es tut, und dass es keine universell gültige Weise der Betrachtung gibt, die dem Wesen von Kunst ohnehin zuwiderlaufen würde. Das heiße aber nicht, Kunst könne nicht wahr sein. Sie bleibe gleichwohl häufig uneindeutig, in ihrer Weise Wahrheit auszusprechen."

 

Interview

Zu Punk in der Musik und in der Mode ist schon viel gesagt worden, weniger prominent wurde bisher die "No Future"-Ideologie in der bildenden Kunst untersucht. Das hat nun die Autorin Marie Arleth Skow mit ihrem Buch "Punk, Art, History" getan. In der "taz" spricht sie mit Julian Weber über die Relevanz des Subversiven. "Punk hat gezeigt, wie wichtig Trash sein kann. Trash ist Glamour, ist Dreck, ist alles, was verpönt ist, aber total Spaß macht. Das ist auch in Punk-Kunst wichtig. Fusionierte Geflechte zwischen Musik und Mode, Performance und Kunst, wo es darum geht, genau solche gewollt geschmacklosen Momente in den Mittelpunkt zu stellen und Spaß daran zu haben. Auch eine Figur wie die Dragqueen Divine gehört hier mit rein, denn sie hat aus Trash Kunst gemacht. Dieser Aspekt ist das, was wir an Punk lieben."

Oscar-Preisträgerin Natalie Portman würde nach eigenen Angaben gerne in einem weiteren "Star Wars"-Film mitspielen. "Ich bin offen dafür", sagte die 42-Jährige in der Sendung "Watch What Happens Live". Konkrete Gespräche dazu habe es aber noch nicht gegeben, so Portman. "Niemand hat mich gefragt." Portman hatte in Episode I bis III der "Star Wars"-Filme von 1999 bis 2005 Padmé Amidala gespielt. Ihre Kollegen aus den damaligen Filmen, Ewan McGregor und Hayden Christensen, sind inzwischen unter anderem für die Miniserie "Obi-Wan Kenobi" noch einmal in ihre Rollen als Jedi-Meister und Schurke Darth Vader zurückgekehrt. Portman berichtete außerdem, wie der heutige König Charles III. bei der Premiere ihres ersten "Star Wars"-Films offenbar keine Ahnung von ihrem Alter damals – oder aber vom Alter der Originaltrilogie (1977 bis 1983) – hatte: "'Prinz Charles - er war damals Prinz Charles - hat mich gefragt, ob ich in den Originalen war', erzählte Portman. Ich meinte: 'Nein, ich bin 18!' Aber er war sehr freundlich."


Jahresrückblick

Die US-Musikerin Taylor Swift (33) ist vom US-Magazin "Time" zur Person des Jahres gewählt worden. "In einer geteilten Welt, in der zu viele Institutionen scheitern, hat Taylor Swift einen Weg gefunden, Grenzen zu überschreiten und eine Quelle des Lichts zu sein", hieß es am Mittwoch zur Begründung vom "Time"-Magazin. "Niemand anderes auf diesem Planeten kann heutzutage so viele Menschen so gut bewegen." Swift, die in diesem Jahr unter anderem auf großer Tournee war, gab dem Magazin eines ihrer sehr seltenen Interviews. "So stolz und glücklich habe ich mich noch nie zuvor gefühlt, so kreativ zufrieden und frei." Bereits Anfang der Woche hatte "Time" die Endrunde der Anwärter und Anwärterinnen auf den Titel veröffentlicht: Swift setzte sich demnach durch gegen die Hollywood-Streikenden, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, den KI-Unternehmer Sam Altman, die Staatsanwälte, die Ex-Präsident Donald Trump vor Gericht gebracht haben, Barbie, den russischen Präsidenten Wladimir Putin, König Charles III. und US-Notenbankchef Jerome Powell. Im vergangenen Jahr hatte das Magazin den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zur Person des Jahres gewählt. Seit knapp einem Jahrhundert kürt "Time" jedes Jahr traditionell die "Person of the Year" - jene Person, die die Welt in den vorherigen zwölf Monaten am meisten verändert hat. 

Baudenkmal

Fast drei Monate nach der Farbattacke von Klimaschutz-Demonstranten auf das Brandenburger Tor in Berlin sind die Reinigungsarbeiten erfolgreich beendet worden. In dieser Woche istdas Tor von Experten begutachtet und der gereinigte Zustand abgenommen worden, berichtet "Berliner Morgenpost". Die Kosten entsprächen etwa der bislang geschätzten Summe von 115 000 Euro. Das für die Reinigung aufgebaute Gerüst werde demnächst abgebaut. Am 17. September hatte die Klimaschutzgruppe Letzte Generation sechs Säulen des Tores mit oranger Farbe besprüht. Die Polizei nahm anschließend 14 Klimaaktivisten fest. Eine erste Reinigung mit heißem Wasser aus Hochdruckstrahlern funktionierte nicht. Anfang November begannen weitere Reinigungsarbeiten. Die Schäden durch eine weitere Farbattacke konnten schnell beseitigt werden. Der Senat hatte betont, man werde versuchen, das Geld für die Reinigung von den Tätern zurück zu erhalten.
 

Das besondere Kunstwerk

Passend zum winterlichen Wetter der vergangenen Woche empfehlen Kulturredakteurinnen und -redakteure beim "Spiegel" Werke voller Kälte, Frost und Schnee. Neben "Game of Thrones" und Musik von Haftbefehl werden auch zwei Gemälde besprochen. Arno Frank schreibt über Pieter Bruegels "Heimkehr der Jäger": "Es ist, wenn man so will, ein flämisches 'Fargo'. Ein Winterwunderland ist es nicht, eher harte Landschaft im Griff von Eis und Schnee. Nur einen Fuchs konnten die Jäger erbeuten. Sie stapfen im Knöchelhohen, aber man hört es nicht knirschen." Carola Padtberg widmet sich dem "Eismeer" von Caspar David Friedrich: "Das Gemälde ist eine Allegorie des Scheiterns, ein Schiffswrack hat sich zwischen Schollen verkeilt, alles Leben wird von Eis und Schnee erdrückt, jegliche Freiheitsgedanken sind begraben. Doch auch wenn die Natur hier nichts Freundliches mehr hat, birgt die tödliche Kälte etwas berührend Schönes. Es ist die Hoffnung auf Erlösung durch Religion, wie so oft in Friedrichs Bildern."