Medienschau

"Seit wann müssen Künstler ermahnt werden, die Menschenwürde nicht zu verletzen?"

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Der angedachte Verhaltenskodex für die Documenta ist eine Frechheit, und die Hauptfigur eines der bekanntesten Fotos der Welt ist tot: Das ist unsere Medienschau am Mittwoch
 

Debatte

Eine Consulting-Firma wurde damit beauftragt, die Krise der skandalgeschüttelten Documenta zu beenden – und einen "Verhaltenscodex" für die Kuratoren zu formulieren. Hans-Joachim Müller hat sich für die "Welt" die Kasseler Compliance Regeln angeschaut und ist entsetzt: "Seit wann müssen verantwortliche Kuratoren und Kuratorinnen für 'Formen der Diskriminierung' sensibilisiert werden? Seit wann müssen Künstlerinnen und Künstler ermahnt werden, die Menschenwürde nicht zu verletzen? Weit über ein halbes Jahrhundert lang haben die Documenta-Teams Ausstellungen organisiert, auf denen es mitunter heftig zuging, leidenschaftlich, kämpferisch, problematisch im Ton und der Argumentation. Aber von den strammen Alt-Nazis Werner Haftmann und Kurt Martin in den frühen Fünfzigerjahren bis zum meinungsverschlossen agierenden Adam Szymczyk des Documenta-Jahres 2017 hat sich niemand, der mit der Regie betraut gewesen war, vor einer Grundwertekommission verteidigen müssen", schreibt Müller. "Eine wie immer geführte und wann immer realisierbare nächste Documenta wird nur dann sinnvoll sein – und das gilt mit ihr für den zuinnerst verunsicherten Kunstbetrieb generell –, wenn das sture Beharren auf der Kunstfreiheit wieder mehrheitsfähig wird. Es muss auch ohne Abstimmung in den Aufsichtsgremien möglich sein, dass eine Künstlerin oder ein Künstler in ihren Beiträgen die skeptische Frage thematisiert, ob es im Sinne des Kriegsziels Hamas-Zerstörung wirklich dienlich ist, was gerade in Gaza geschieht. Wenn das nicht mehr geht oder nur unter Supervision der meinungskontrollierenden Funktionäre, dann plädieren wir in Tat und Wahrheit für die Bestreikung des erschlafften Kunstbetriebs."
 


Interview

Anlässlich seiner Ausstellung im Grand Palais Éphémère in Paris führt Silke Wichert in der "NZZ" ein Interview mit dem Modefotografen Jürgen Teller. Es geht um seine Anfänge, seinen Vater, seinen Umzug nach London, seine legendären Porträts von Popstars, Models und Schauspielern. Tellers Antworten sind ziemlich genau so direkt und humorvoll wie seine Bilder: "Ganz ehrlich: Ich mag Handtaschen. Sie lassen mich ich sein. Sie geben keine Widerworte. Sie beschweren sich nicht. Es macht ihnen nichts, wenn es zu heiss oder zu kalt ist. Und man fotografiert oft aufregend gute Leute, die sie in der Hand halten."


Film

Happy New Year! Zum 1. Januar lief der Urheberrechtsschutz für den ersten je gedrehten Micky-Maus-Streifen aus. Damit ist die Tür offen für Remakes, Spin-offs und Adaptionen durch andere Künstler. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, haben erste Regisseure zwei Horrorfilme mit der berühmten Maus angekündigt: "Mickey’s Mouse Trap" zeige einen als Comicfigur verkleideten Mörder, der eine Gruppe von Freunden in einem Vergnügungspark verfolgt, während in einer Horrorkomödie ohne Titel eine sadistische Maus ahnungslose Passagiere einer Fähre quält. Wie weit die Adaptionen gehen dürfen, ist derweil unklar. Der mächtige Disney-Konzern habe angekündigt, weiterhin seine "Rechte an den moderneren Versionen von Micky Maus und anderen Werken zu schützen, die nach wie vor dem Urheberrecht unterliegen". Daniel Herbig weist auf "Heise" auf weitere Einschränkungen hin: "Das Copyright an Micky Maus läuft zudem grundsätzlich nur in den USA aus." In Deutschland etwa behalte Disney nach Einschätzungen von Medienrechtlern weiterhin das Urheberrecht an seinem Kassenschlager.
 

Hollywood-Schauspieler Cillian Murphy war nach eigenen Angaben beim Dreh von "Oppenheimer" dankbar für seine Kollegin Emily Blunt. Die gebürtige Britin, die in dem Christopher-Nolan-Thriller Oppenheimers Ehefrau spielt, sei "einer der lustigsten Menschen", sagte der 47-jährige Ire der US-Zeitung "Los Angeles Times". "Und ich habe eine Regel, dass ich nicht arbeiten kann, wenn es am Set nicht leicht ist." Murphy, der für seine Verkörperung des Erfinders der Atombombe für einen Golden Globe nominiert ist, erklärte, dass viele seiner Filme "ziemlich heftig" seien und ihn "an dunkle, herausfordernde Orte" führen, weshalb er sich für seine Drehpausen nach Entspannung sehne. "Ich muss mich wohlfühlen. Ich kann nicht die ganze Zeit an diesem dunklen Ort sein. Dafür habe ich nicht das Durchhaltevermögen."


Das besondere Kunstwerk

Es ist eine der bekanntesten Fotografien des 20. Jahrhunderts: "Der Kuss vor dem Hôtel de Ville", ein Schwarz-Weiß-Bild des französischen Fotografen Robert Doisneau aus dem Jahr 1950, das ein sich küssendes Paar vor dem Pariser Rathaus zeigt. Wie der "Guardian" meldet, ist die auf dem Bild zu sehende Frau, die damals 20-jährige Françoise Bornet, jetzt im Alter von 93 Jahren gestorben. Angelique Chrisafis erinnert in ihrem Artikel an die Entstehung des Bildes, das in den 80er-Jahren zum beliebten Postermotiv und Sinnbild für die Stadt der Liebe wurde, auf Auktionen Rekordsummen erzielte und eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten auslöste.