Ihr "Parthenon der Bücher" ist das wohl auffälligste Kunstwerk der Documenta in Kassel - eine Nachbildung des antiken Tempels auf der Akropolis, umkleidet mit tausenden einst oder gegenwärtig verbotener Bücher. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Marta Minujín über ihre Pläne am Ende der 100-Tage-Schau.
Wie sind Sie zufrieden mit dem Fortschritt Ihres Kunstwerks?
Ich hätte gern mehr Bücher! Mindestens 20 000 oder 25 000 mehr, dann könnten wir auch die andere Seite des Tempels fertigstellen. Ich bitte die Besucher der Documenta: Wenn 1000 Leute zehn Bücher mitbringen, hätten wir 10 000 mehr.
Was passiert am Ende der Documenta mit dem Tempel? Einstürzen wie in Buenos Aires soll er ja nicht.
Ich schenke den Parthenon dem deutschen Staat. Die Bücher sollen an Menschen verteilt werden, die kein Geld haben, um zu lesen. An den letzten vier Tagen der Documenta werden die Säulen abgehängt, eine nach der anderen, als eine Kunstaktion.
Waren Sie schockiert, dass so viele Bücher verboten sind?
Überall in der Welt werden Bücher verboten. Und so viele. Es hört nicht auf. Manche Menschen denken, Bücher sind Gift. Dagegen kämpfe ich. Die Menschen sollen den Parthenon sehen und anfangen zu denken: Was geschieht in dieser Welt?
Was planen Sie als nächstes?
Etwas Ähnliches, aber noch größer. Ich denke darüber nach, den Turm zu Babel aus verbotenen Büchern nachzubauen. Vielleicht in Brasilien.
Haben Sie sich schon umgesehen? Wie finden Sie die Documenta?
Sehr interessant. Aber ich glaube, ich mag die Haltung mehr als die Kunstwerke.
Zur Person: Marta Minujín wurde 1943 in Buenos Aires geboren. Die Installations- und Performance-Künstlerin war Teilnehmerin der Biennalen von Venedig und São Paulo. "In ihren auf große Teilnehmerzahlen angelegten Projekten entdeckt die Künstlerin den ursprünglichen Wert von kollektiven Schätzen neu und schmilzt geteiltes Kapital rückstandslos in kulturelle Währung um", schreibt die Documenta über sie.