Überraschende Wende in Verfahren gegen Künstler

Liegestütze auf Altar angeblich nur Videomontage

Foto: Alexander Karle/Video "Pressure to Perform"/dpa
Foto: Alexander Karle/Video "Pressure to Perform"/dpa

Heftig wurde über den Videofilm des Saarbrücker Künstlers Alexander Karle mit Liegestützen auf einem Altar gestritten. Kurz vor einem zweiten Gerichtsprozess spricht der Angeklagte plötzlich von Fake.

Wegen eines umstrittenen Videoprojekts mit Liegestützen auf dem Altar einer katholischen Kirche muss sich der Künstler Alexander Karle ab Montag (10.7.) in einem Berufungsprozess vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Wenige Tage vor Prozessbeginn gab der 39-Jährige am Mittwoch überraschend bekannt, dass es sich bei seinem Film "Pressure to Perform" ("Leistungsdruck") nur um eine Videomontage handle.

"Ich habe nie in der Basilika selbst Liegestütze gemacht, sondern mit der einfachen Technik der Greenbox diese Illusion erzeugt", teilte er mit. "Alles, was ich bisher öffentlich dazu gesagt habe, die Verbreitung dessen durch die Presse sowie die Gerichtsverhandlung waren Teil des Kunstwerks und dienten vorwiegend der Verbreitung des Videos." Damit habe er jedoch, so betonte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken, "bis heute kein Geld verdient" - und das sei auch nicht Zweck der Aktion gewesen.

"Es geht nicht darum, dass mein Name bekannt wird, sondern dass sich Leute mit kritischen Gedanken beschäftigen", kommentierte Karle. Und das sei ihm auch gelungen: Weltweit habe sein Video im Internet viele Klicks erzielt. Er sei jedenfalls überzeugt, dass das Verfahren gegen ihn nun eingestellt werde - schließlich müsse nicht er seine Unschuld beweisen, sondern die Staatsanwaltschaft seine Schuld. "Aber es gibt ja keine Zeugen und keine Indizien, nur das Video selbst - und das ist ein Kunstvideo."

Karle war wegen Hausfriedensbruchs und Störung der Religionsausübung zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt worden.

Victoria Hänel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, sagte der Deutschen Presse-Agentur, bei einem Berufungsverfahren würden grundsätzlich alle Beweise neu erhoben. Sollte sich dabei herausstellen, dass es sich bei dem Film tatsächlich um eine Montage handle, sei auch ein Freispruch denkbar. Hänel schloss jedoch nicht aus, dass dann aber wegen Vortäuschens einer Straftat gegen Karle ermittelt werden könnte.

Fraglich ist, ob es nun schon am Montag zu einem Urteil kommt oder ob es nicht eher einen weiteren Prozesstag gibt. Denn um zu entscheiden, ob es sich bei dem Video wirklich um eine Montage handelt und ob der Film im Internet derselbe ist wie der, der dem Gericht vorliegt, sei vermutlich erst einmal ein Gutachten erforderlich.

Dann geht es nur noch um die Frage Fake oder Echt - und nicht mehr um den Aspekt, was schwerer wiegt: die Freiheit der Kunst oder die ungestörte Religionsausübung.