Soziale Netzwerke

Kunstproduzentinnen werfen Kritiker Saltz "Vagina-Obsession" vor

Die New Yorker Künstlerin Leah Dixon und die freie Kuratorin Lauren Christiansen kritisieren Jerry Saltz, Kunstkritiker vom "New York Magazine" für seine angeblich sexistischen Social-Media-Veröffentlichungen.

In einem ausführlichen, wütenden Facebook-Post beschweren sich die beiden Mitte-30-Jährigen über Saltz' Instagram- und Facebook-Aktivitäten, die eine "Vagina-Obsession" ausdrückten. Jede dritte Post zeige das weibliche Geschlechtsorgan. Der Kritiker "nutzt seine Macht, um öffentlich den weiblichen Körper zu fetischisieren."

Als Beispiel zitieren Dixon und Christiansen einen Post des 68-Jährigen: "Bitte erlaubt mir einen sexistischen Altherren-Moment: JEDER Hetero-Mann, denkt JEDES Mal, wenn er eine nackte Frau persönlich sieht: 'Was für ein Glück ich doch habe!' Jedes Mal, bei jeder Frau, jedes Mal. – Ich atme dann einmal tief die kalte Luft ein …" Dies sei ein Beispiel dafür, wie misogyne Männer sich selbst in clownesker Weise als Opfer ihres Verlangens und als Aggressor zugleich inszenieren und Frauen als verfügbare Objekte darstellten.

Dixon und Christiansen, die weitere Bildbeispiele zu ihrem Statement gestellt haben, wundern sich, dass es bislang wenig Kritik aus der Kunstwelt an solchen Posts gegeben habe. Mit dem aktuellen Widerstand  gegen den Sexismus von Donald Trump sahen die beiden Autorinnen des Statements den richtigen Zeitpunkt gekommen, ihrer Wut Ausdruck zu verleihen und bezeichnen Jerry Saltz, der immer wieder Trump angegriffen hat, als "Trump der Kunstwelt-Social-Media".

Der Chefkritiker des renommierten "New York Magazine", der sich in seiner Karriere häufig leidenschaftlich gegen die Dominanz von Männern im Kunstbetrieb stellte (etwa hier und hier), wurde bislang dreimal für den Pulitzerpreis nominiert und gewann 2015 den "National Magazine Award" in der Kategorie "Kolumne und Kommentar". Der "Observer" wählte ihn zu den 100 einflussreichsten New Yorkern. Auf Facebook hat der Publizist über 78.000, auf Instagram über 188.000 Abonnenten. Auf beiden Plattformen wurden seine Accounts mehrmals gesperrt, da er mit seinen expliziten Posts aus gefundenen historischen und aktuellen Bildern gegen die Nutzerrichtlinien verstieß.

Nachdem Dixon und Christiansens Post zahlreiche Unterstützer fand und geteilt wurde, nahm Saltz auf Instagram Stellung. 80 Prozent der Abbildungen seien Kunstwerke, viele davon von Frauen. Die "zimperliche Kunstwelt" und die "Moral-Talibane" mögen ihn bitte blockieren, wenn sie nicht einverstanden seien. "Ihr seid wie Antisemiten, die die Juden mehr brauchen als die Juden die Antisemiten, sagt der Jude."


Von "Artspace" befragt zu den Vorwürfen, sagte Jerry Saltz, dass es ihn verletze die Gefühle anderer zu verletzen. Dennoch gehe es ihm um Offenheit und Freizügigkeit. Der Kritiker richtete sich häufig gegen die angeblich konservative Kunstwelt, die sich an Nacktbildern in sozialen Netzwerken störe (am ausführlichsten hier).

Monopol veröffentlichte Saltz' Texte eine Zeit lang exklusiv in deutscher Sprache. Im Jahresrückblick 2015, der in der Januarausgabe von Monopol erschien, tauchte der Kritiker allerdings in der Kategorie "Kann jetzt auch wieder aufhören" auf. Die Begründung: "Jerry Saltz nervt in sozialen Netzwerken mit überdrehten Pimmel-Posts."