Documenta-Teilnehmerin

Künstlerin Ida Applebroog stirbt mit 93 Jahren

Die US-Amerikanerin Ida Applebroog war eine Pionierin der feministischen Kunst und brach mit ihren expliziten und lustvollen Darstellungen des weiblichen Körpers Tabus. Nun ist sie in New York gestorben 

Das teilte ihre Galerie Hauser & Wirth mit. Applebroog wurde 1929 als Ida Appelbaum in eine ultraorthodoxe jüdische Familie in der New Yorker Bronx geboren und arbeitete nach einem abgebrochenen Studium des Grafikdesigns am Institute of Applied Arts and Sciences zunächst als freischaffende Illustratorin. Die Bildsprache der Werbung und der Konsumkultur spielte auch in ihren künstlerischen Arbeiten eine Rolle, dabei fokussierte sich Applebroog (die Namensänderung war Teil einer "Neuerfindung" in den frühen 1970er-Jahren) zunehmend auf feministische Themen. 

Zu ihren bekanntesten Werken gehört die Installation "Mona Lisa": eine raumgroße Holzstruktur, die mit über 150 Tuschezeichnungen der eigenen Vulva der Künstlerin bedeckt ist. Obwohl die Papierarbeiten bereits in den 1960er-Jahren als eine "Suche nach dem Versteckten" entstanden, wurde das Werk erst 2010 zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Monopol-Kolumnist Dieter Roelstraete schrieb dazu 2021: "Wenn es etwas gibt, das 'Monalisa' heute fast schmerzhaft relevant und aktuell erscheinen lässt, dann ist es das Gefühl, dass wir gegenwärtig in einer Zeit großer Prüderie leben – ein neuer Puritanismus, der das alte viktorianische Unbehagen an allem, was auch nur im Entferntesten körperlich ist, dramatisch aufgeladen hat."

Ida Applebroog war seit Mitte der 70er-Jahre Teil des feministischen Heresies Collective. Zusammen mit Mitstreiterinnen wie wie Lucy Lippard, Joan Snyder und Pat Steir gab sie Künstlerinnenbücher und politische Schriften heraus. Applebroog war außerdem zweimal auf der Documenta in Kassel vertreten (1987 und 2012) und ist in den Sammlungen des MoMA und des Guggenheim Museums in New York zu finden. 

Galeristin Mauela Wirth, die 2022 auch die letzte Ausstellung der Künstlerin zu Lebzeiten im britischen Somerset mitverantwortete, würdigte Applebroog in einem Statement. "Mit ihrer unermüdlichen Fähigkeit zu weitreichenden visuellen Experimenten hinterfragte sie Themen wie Gewalt und Macht, menschliche Beziehungen, ihren eigenen Körper und den häuslichen Raum. Ihr emotional aufrüttelnder und furchtloser Ansatz, Kunst zu machen, war eine Inspiration für viele Generationen, sehr persönlich, ehrlich und unverfälscht. Wir sind ihr ewig dankbar für ihren Humor, ihren Witz und ihre radikale Selbstbetrachtung, mit der sie die Absurditäten des Lebens so darstellte, wie sie sind. Sie wird von vielen sehr vermisst werden."