Umstrittenes Kunstprojekt

Künstler hat Obdachlose als "menschliche Tamagotchi" verkauft

Foto: Courtesy der Künstler
Foto: Courtesy der Künstler
Künstler Kristian von Hornsleth (ganz rechts) und Teilnehmer seines Projekts "Hornsleth Homeless Tracker"

Der dänische Aktionskünstler Kristian von Hornsleth hat Obdachlose im Internet zum Verkauf angeboten: Sammler konnten anhand eines Trackers ihre Spur durch die Stadt verfolgen. Im Frühjahr wandert das umstrittene Projekt ins Museum

Bei dem 2017 gestarteten "Hornsleth Homeless Tracker"-Projekt konnten Interessenten sich einen Londoner Wohnungslosen "kaufen" und ihn per GPS tracken. Darüber hinaus konnten die Käufer das Leben der Obdachlosen in Social Media-Kanälen des Projekts verfolgen.

Von Hornsleth hat inzwischen Fotografien von zehn Teilnehmern in goldende Porträts verwandelt und verkauft sie für je 10.000 Pfund (circa 11.500 Euro), die Einnahmen werden mit den Porträtierten 50/50 geteilt. Zwei Porträts seien verkauft, darunter eines an den dänischen Sammler Jacob Risgaard. "Ich habe eine Arbeit gekauft, aber auf den Tracker und das Porträt verzichtet", sagte der Online-Händler der "Art Newspaper". Das Projekt wird ab dem 12. April im Randers Kulturhuset im nordöstlichen Dänemark zu sehen sein.

Von Hornsleth will eigenen Angaben zufolge unter anderem Fragen zu Privatisierung und Datenschutz aufwerfen: "Wir werden alle von Google oder anderen Firmen überwacht und niemanden scheint das zu interessieren", sagte er gegenüber dem "Camden Web Journal".

Im Interview mit dem Magazin "Vice" beschrieb er das Projekt als einen "Kommentar zu unserer heutigen Gesellschaft": "Wir können zwar einen Menschen auf den Mond schicken, aber in Großbritannien kannst du die Menschen nicht mal von der Straße holen. Das ist absurd. Dabei scheinen in Großbritannien die Antworten auf alle Probleme Deregulierung und Privatisierung zu lauten. Das ist offenbar das einzige Mittel, das sie kennen. Also mache ich das Gleiche. Es ist eine Tragikkomödie. Ich privatisiere Obdachlose. Das ist absurd, aber es spiegelt die heutige Welt wider."

Die Obdachlosen wurden auf der "Hornsleth Homeless Tracker"-Website in verschiedene  Kategorien angeboten. Für einen "goldenen Obachlosen" inklusive GPS-Tracker musste man mindestens 25.000 britische Pfund (umgerechnet rund 28.000 Euro) zahlen. Eine entsprechende App, mit dem der Käufer seinen Obdachlosen 24 Stunden lang verfolgen kann, wurde extra für das Projekt entwickelt. Somit wurden die Obdachlosen zu einer "lebensechten Version von Pokémon Go" oder zu einem "menschlichen Tamagotchi", hieß es auf der Website. "Die beiden 'verkauften' Obdachlosen haben es geschafft, ein Jahr den Tracker zu tragen und alle Bedingungen aus dem Vertrag zu erfüllen. Das Jahr ist jetzt vorbei."

Die beiden Teilnehmer sollen inzwischen in einer Wohnung leben und in Suchttherapie sein. Von Hornsleth hat nach eigenen Angaben 20.000 Pfund mit dem Projekt eingenommen, aber diesen Einnahmen stehen Ausgaben von 100.000 Pfund gegenüber. "Man kann menschliche Bedürfnisse nicht privatisieren, egal wie viel Geld dafür ausgegeben wird."

Nach dem Start des Projekts wurde der Künstler von Mitarbeitern des Safer Streets Team angezeigt, einer Wohltätigkeitsorganisation aus dem Londoner Stadtteil Camden. "Mich persönlich ekelt diese Idee an", sagte der Projektmanager der Organisation, Ian Bangay, zum "Camden New Journal": "Wir sind besorgt, aber es scheint, als können wir aufgrund der Gesetzeslage wenig tun." Er wollte klarstellen, on Obdachlose dadurch ausgenutzt werden.

Von Hornsleth provozierte bereits in der Vergangenheit mit seiner Kunst. Für sein "Hornsleth Village Project" überredete der Künstler 2006 verarmte Bewohner eines ugandischen Dorfes dafür, rechtskräftig den Namen Hornsleth anzunehmen und afür im Gegenzug Nutztiere zu erhalten.