Ein Kurator sagte im Rahmen einer Podiumsdiskussion vor einigen Wochen: "Wir werden ja hier auch für etwas bezahlt. Wir werden nicht dafür bezahlt, dass wir die Jugend bespaßen. Wir werden dafür bezahlt, Bildungsarbeit für nachfolgende Generationen zu leisten." Auf dem Podium in der Staatlichen Kunsthalle ging es um Museen und soziale Medien, es sollte darüber gesprochen werden, wie Bilder in den sozialen Netzwerken verwendet werden und wie das Internet die Funktion des Museums verändert. Der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich versuchte auf dem Podium zu vermitteln, dass Museen in den sozialen Medien sogar einen Vorsprung haben müssten, dass sich die Aufgaben des Kurators sogar bis in die sozialen Medien verlängern könnten, da beide, Museum und Kurator, eigentlich schon immer mit Bildern arbeiten.
Die Podiumsdiskussion auf YouTube:
Der Kurator wollte all das nicht hören. Für ihn sind Instagram, Twitter, Facebook und Tumblr nur Gimmicks, mit denen Aufmerksamkeit generiert werden soll. Und Menschen, die ins Museum kommen, um ein Selfie nach dem anderen unter dem Hashtag #museumselfie zu teilen, haben seiner Ansicht nach sowieso nicht begriffen, dass Kunst mit Kontemplation zu tun hat und nicht mal eben nebenbei abends bei einem Cocktailempfang im Hintergrund wie Fahrstuhlmusik konsumiert werden kann. Letzteres habe ich ihm ein wenig in den Mund gelegt, da er lamentierte, dass andere Museen versuchen würden, das schwierige Publikum der 20- bis 40-jährigen mit Cocktailabenden zu locken. Kunst zum Schlürfen.
Vielleicht wurde auf dem Podium ein klitzekleines bisschen "Guter Bulle, böser Bulle" gespielt, schließlich muss das Publikum ja unterhalten werden und Fragen in der anschließenden Diskussionsrunde kommen auch nur, wenn während des Gesprächs nicht schon alle wegdösen. Das Literarische Quartett funktioniert immerhin am besten, wenn Maxim Biller so sehr nervt und anstrengt und dagegen redet, bis er vor die Türe zum Stelldichein mit Fäusten gebeten wird.
Die Presse- und Marketingabteilungen der Museen jedenfalls finden selbst zum Glück nichts verkehrt daran, über Präsenz in den sozialen Medien Aufmerksamkeit zu erzeugen. Kommen keine oder zu wenig Besucher, droht schon mal die Schließung des Museums. Da ist es nicht verkehrt, wenn die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit nicht nur den Bildungsbürger ansprechen will, der zwei Stunden mit den Armen verschränkt hinter dem Rücken sinnierend von Bild zu Bild läuft und brav mit dem Katalog unter dem Arm wieder nach Hause geht.
Auf Instagram ist inzwischen so gut wie jedes Museum angekommen. Periscope wird in Deutschland langsam angetestet. Das Städel Museum in Frankfurt hat in den vergangenen Tagen eine digitale Führung samt Fragerunde mit dem Kurator Bastian Eclercy durch die große Maniera-Schau angeboten. Mit mäßigem Erfolg. Gerade einmal knapp 20 Leute waren im Schnitt per Video-Live-Stream zugeschaltet. Vielleicht lag es daran, dass man sich dafür entschieden hatte, auf Deutsch zu führen. Vielleicht, weil man sich versprach, potentielle Besucher zu erreichen, und die finden sich wohl eher in Deutschland als in England, Amerika oder gar Australien. An Snapchat traut sich zumindest in der deutschen Museumslandschaft noch niemand so recht heran: Was soll das nun wieder? Wozu sich etwas ausdenken, das nach 24 Stunden schon wieder verschwunden ist?
Auf Instagram derweil haben die Museen langsam zu sich selbst gefunden. Deshalb hier ein kleiner Überblick über Museen und Ausstellungshäuser auf Instagram, denen man folgen sollte, weil Gimmicks, wie das "Yps"-Heft zeigt, nicht verkehrt sind. Außer Konkurrenz laufen der Louvre, das MoMA, die Tate und das Met, da diese vier Häuser der Ai Weiwei unter den Museen sind. Kennt jeder, folgt jeder.
1) Bucerius Kunst Forum, Hamburg / @buceriuskunstforum: Zitasso Baby
Follower: 571
Museen haben es nicht leicht. Wenn es um die Frage der Bildrechte geht, macht einem meist irgendwer einen Strich durch die Rechnung: die Erben oder Nachlassverwalter des Künstlers, die VG-Bild oder sogar der Künstler selbst. Im Zweifel zahlt man der VG-Bild Summe XY und darf dann die Bilder auch in den sozialen Medien verwenden. Wenn die Rechtefrage nicht geklärt werden kann und die Bilder folglich nicht verwendet werden dürfen, muss man sich etwas einfallen lassen. Dem Hamburger Bucerius Kunst Forum ist das gerade im Rahmen der Ausstellung "Picasso. Fenster zur Welt" passiert. Wenn man die Arbeiten des Künstlers nicht verwenden darf, nimmt man den Zeichenstift eben selbst in die Hand. Unter dem Titel "Zitasso des Tages" werden regelmäßig Zitate von Picasso geteilt, der Künstler selbst wird dazu gezeichnet.
2) C/O Berlin / @coberlin: Eine Ananas kommt selten allein
Follower: 7633
Etwas mehr Glück mit den Bildrechten hatte aktuell das C/O Berlin. Man hört in der letzten Zeit immer wieder, dass Museen und Ausstellungshäuser im Zuge der Digitalisierung zu Kreativitätsagenturen werden. Davon haben inzwischen auch die Betroffenen selbst gehört. Die Besucher kommen nicht mehr nur ins Museum, um Kunst anzugucken, sondern auch um selbst Bilder zu machen, um selbst kreativ werden zu dürfen. Das C/O Berlin verbietet also nicht das Fotografieren, es bittet explizit darum, die Werke des jungen Künstlers Peter Puklus zu fotografieren und anschließend mit Hilfe verschiedener Apps zu remixen. Das beliebteste Ausstellungsstück bisher ist eine frische Ananas. Mit dieser Aktion bezieht sich das Ausstellungshaus direkt auf die Arbeitsweise des ungarischen Künstlers.
3) The Photographer’s Gallery, London / @thephotographersgallery: Übernimm mich
Follower: 66.900
Die Londoner Photographer’s Gallery lässt Dritte für sich Inhalte erstellen. Passend zu den Ausstellungsthemen übernehmen Fotografen und Instagrammer den Account und bespielen ihn eine Woche. So macht es auch das Pariser Jeu de Paume.
4) Kunstmuseum Bonn / @kunstmuseum_bonn
Follower: 816
Das Kunstmuseum Bonn ist schon gut ein Jahr auf Instagram, aber erst seit wenigen Wochen etwas aktiver. Zur Ausstellung "Mit anderen Augen – Das Porträt in der zeitgenössischen Kunst" findet am 16. März ein Event für Instagrammer statt. 25 Personen werden für einen Abend in das Museum eingeladen, sehen sich gemeinsam die Ausstellung an und machen anschließend voneinander Porträts.
5) Albertina Museum, Wien / @albertinamuseum: Meme me more
Follower: 8728
Es ist schon eine Weile her, dass die Wiener Albertina via Instagram & Co dazu aufgerufen hat, aus Meisterwerken Meme, Videos und Selfies zu machen. #AlbertinaSocialSpecial lautete das Hashtag zur Aktion, ein kleines Event gab es auch. Wer der Albertina in den sozialen Netzwerken folgt, bekam am 25. und 26. Oktober des letzten Jahres freien Eintritt. Zur Edvard Munch-Ausstellung gab es den Schrei als Selfie-Station.
6) Statens Museum for Kunst, Kopenhagen / @smkmuseum: Kreativität kennt keine Grenzen
Follower: 15.400
Die Nationalgalerie von Dänemark hat das Reden von der Rolle des Museums als Kreativitätsagentur vielleicht etwas zu ernst genommen in der Vergangenheit. Während der Retrospektive von Christoffer Wilhelm Eckersberg gab es für die Follower auf Instagram jede Woche eine neue Aktion, jede Woche sollte zu einem anderen Thema fotografiert werden: Wolken, Straßen, Rahmen. Das Museum gerierte sich kurze Zeit wie eine hyperaktive Werbeagentur, die ihren Kunden noch schnell dies und das verkaufen muss. Inzwischen ist die Ausstellung in Hamburg angekommen, und auf dem Account des Kopenhagener Museums ist wieder Ruhe eingekehrt.
7) Rijksmuseum, Amsterdam / @rijksmuseum: Bitte zeichnen Sie!
Follower: 46.100
Das Amsterdamer Rijksmuseum hatte irgendwann genug vom fotografierenden Besucher und bittet deshalb darum, statt mit dem Smartphone durch das Museum zu streifen, einfach Zettel und Stift mitzunehmen und in aller Ruhe die Werke zu zeichnen. #startdrawing lautet das Hashtag, und das geht eigentlich auch überall anders.
8) 52smuseums / @52museums: In 52 Wochen durch die Museen
Follower: 4514
Seit Anfang des Jahres läuft auf Instagram das Projekt 52museums. Im Titel steckt das Konzept. 52 Wochen, 52 Museen, 1 Account. Jede Woche ist ein anderes Museum an der Reihe. Die Spielregeln sind denkbar einfach, denn eigentlich darf alles gepostet werden, nur peinlich soll es nicht sein, weder für den Absender noch für die Branche selbst. In nur acht Wochen wurden bereits über 450 Fotos gepostet, Follower hat das Projekt bereits knapp 4.500.
9) International Museum of Hangovers / @int_museum_of_hangovers: Museum des Katers
Follower: 252
Auf Instagram kann man ganz einfach sein eigenes Museum eröffnen. Mit flexiblen Öffnungszeiten und mit Werken, die vermutlich nicht so schnell die Wand eines Museums zieren werden. Der Berliner Künstler Max Kersting betreibt seit einiger Zeit einen Tumblr, der gleichzeitig das Deutsche Museum des Katers ist. Menschen mit einem Kater, der nichts mit #catcontent, sondern mit einer durchzechten Nacht zu tun hat, können ihre Bilder einreichen. Kersting kuratiert und postet. Jetzt auch auf Instagram unter neuem Projektnamen. Ist Saufen Kunst?
10) Artwatchers united / @artwatchers_united: Vereinigung der Kunstbetrachter
Follower: 3009
Eine Möglichkeit im Museum fotografierend kreativ zu werden, ist es, wie Thomas Struth einst Museumsbesucher abzubilden. Auf Instagram wird das Hashtag #artwatchers genutzt, wenn Menschen gezeigt werden, die sich Kunst angucken. Der Account @artwatchers_united sammelt die besten Bilder und ist damit gleichzeitig ein Best of von Fotos aus Museen, Ausstellungshäusern und Galerien weltweit.