Der israelische Künstler Ezri Tarazi (53) will den Beobachter mit seinen Werken förmlich zum Nachdenken über die komplexe Realität zwingen. Sein Tisch "Geteilte Stadt" ist eines der Objekte, die bei der Ausstellung "Brutal schön" im Marta Museum in Herford gezeigt werden.
Wie verändert der Krieg Kunst und Design?
Gewalt und Brutalität können sich auf verschiedene Weise auf Kunst und Design auswirken. Eine Möglichkeit ist Realitätsflucht - man versucht, ihren Ausdruck in der Kunst vollkommen zu vermeiden. Ein anderer Weg ist es, sie zu überhöhen - also den Krieg als heroischen Akt darzustellen. Eine künstlerische Rechtfertigung von Brutalität kann man in faschistischen Kulturen beobachten. Krieg wird als etwas Schönes und Aufregendes dargestellt, die Gefährdung des Lebens und der Preis von Leid und Schmerz werden hingegen ausgeblendet.
Wie stellen Sie die Thematik in Ihrer eigenen Kunst dar?
Ich stelle mich der visuellen Sprache der Brutalität und zeige einen Ausweg auf, oft auf versteckte und komplexe Weise. Ich verwandele sie in die Schönheit der Vielfalt. Den üblichen Geschmack des "sauberen" und "ruhigen" Designs gestalte ich um in eine "komplexe" und "laute" Schönheit. Ein Beispiel dafür ist der Tisch "Geteilte Stadt", den ich für das Davidsturm-Museum in Jerusalem entworfen habe, und der jetzt in Herford ausgestellt wird. Der Tisch besteht aus den reichen Texturen der Altstadt und kann in zwei Teile geteilt, aber auch vereint werden - ist es ein Mosaik aus Farben, Texturen und Gemeinschaften. Ich zeige durch die Objekte, vor allem die Tische, wie verschiedene Menschen sie als Gastgeber und Gäste benutzen können, Nahrung teilen und trinken, in einer Harmonie, die aus dem Reichtum der Unterschiede entsteht.
Was wollen und können Sie damit erreichen?
Ich möchte auf verschiedenen Ebenen ein neues Bewusstsein schaffen - die Art, wie Menschen über ihre eigene Gesellschaft und Kultur denken. Wie Menschen die Schönheit eines Objekts erleben und Fragen darüber stellen, was sie sehen. Wie sie ihre Realität reflektieren und von der Zukunft träumen, die sie sich wünschen. Ich will tagtägliche Objekte so radikalisieren, dass man der Realität nicht mehr entfliehen kann, sondern über sie nachdenken und diskutieren muss.
ZUR PERSON: Ezri Tarazi, 1962 in Jerusalem geboren, ist ein international renommierter Industriedesigner. Er unterrichtet an der Bezalel-Kunsthochschule in Jerusalem. Seine Werke sind in führenden Museen auf der ganzen Welt gezeigt worden, darunter das Museum of Modern Art in New York.