Kunstmuseum Bonn

Im Kopf des Fotografen

Die Blumen des Bösen auf dem Tableau von Fischli/Weiss laden penetrant zum Verzehr ein. Kirschen und Stachelbeeren stören auf den 111 digital „doppelbelichteten“ Fotografien von psychedelisch bunten Blüten zwar die florale Harmonie, können aber der Parodie eines klassischen Stilllebens nichts anhaben.

Nicht nur der Geschmackssinn, auch das Hirn kommt durchaus auf seine Kosten in diesem noch nie öffentlich gezeigten Parcours der konzeptuellen Fotografie aus der Sammlung Zellweger Luwa AG - und das liegt nicht nur an dem Titel „Through the looking brain“, der auf den zweiten Teil von „Alice im Wunderland“ anspielt. Hinter den Spiegeln der auf etablierte Positionen setzenden Kollektion ist Verschrobenes und Gewagtes zwar Mangelware. Aber die Auswahl ist repräsentativ genug, um zumindest im Segment des Hochqualitativen keine Wünsche offen zu lassen.

Die wertvollen Arbeiten hingen bisher in den Büros und Kantinen der Heizungsfirma, weswegen manch ein ramponiertes Exemplar für die Ausstellung in Bonn extra neu abgezogen werden musste. Der Bogen reicht von den 70ern bis heute. Gegründet vor dreißig Jahren, ist bei den Schweizern in Zusammenarbeit mit Bice Curiger einiges an Hauptwerken großer Namen zusammengekommen, von John Baldessari, Jeff Wall, Sigmar Polke, Richard Prince, dem Ehepaar Becher samt Schülern, Ed Ruscha bis hin zu Cindy Sherman und Hiroshi Sugimoto.

Dokumentarisches steht neben Vorgefundenen, Inszeniertes trifft unter dem Titel „Psychobuildings“ auf wenig bekannte Wandskulpturen von Martin Kippenberger, die aus unzähligen fotografierten Alltagssplittern bestehen. Eine Abzweigung zur Architektur nimmt Tacita Dean mit ihrer Erforschung des aus der Zeit gefallenen „Bubble House“. Andreas Gursky mag es bekanntlich megaloman und ist mit „Montparnasse“, seinem ersten digital bearbeiteten Foto einer Pariser Wohnmaschine vertreten.

Poetisches steuert Gabriel Orozco mit dem einsamen „Ball on Water“ bei, der auch als verirrter Planet inmitten eines kosmischen Knalls durchgehen könnte. Dem Drang zum Explosiven folgt auch Roman Signer. Der Schweizer veranstaltet ein schaurig komisches Raketenballett und lässt es vor seiner Linse katastrophal krachen, mitunter auch ohne Rücksicht auf sich selbst, wovon ein Paar seiner einsam Wasser speienden Stiefel zeugt.


„Through the Looking Brain“, Kunstmuseum Bonn, bis 25. September