Markus Lüpertz: Mein Leben

Fast ein Brad Pitt: Ein Maler erklärt sich

2009 musste Markus Lüpertz wieder ordentlich einstecken. „Welche Welt will dieser Fürst regieren?“, fragte besonders entnervt die FAZ und blickte dabei auf das stutzerhafte Gehabe dieses Künstlers, das mal so gar nicht zu seiner künstlerischen Leistung passe: „Lüpertz spielt Kunstgeschichte nach: den Malerfürst, das Künstlergenie, die große Geste, dazu Auftritte mit Spazierstock und Gamaschen.“

 

Weitere böse Kritiken zur großen Schau in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland folgten, meist mit Schwerpunkt auf Erscheinung und Geltungssucht des Malers. Erst ein echter Dichter und Schöngeist wie Durs Grünbein, selbst ein Fürst auf seinem Gebiet, zeigte sich dann auch mal tatsächlich beeindruckt: „Unvergesslich“ sei es, so der Literat im Zeit-Feuilleton, „wie der Künstler sein Stöckchen schwang mit dem silbernen Totenkopfknauf“. Unvergesslich.


Sollte jemand sich noch ein eigenes Bild von Lüpertz’ Habitus machen wollen – auf Arte gibt es jetzt den Künstler in HD, 45 Minuten lang. „Mein Leben“ heißt das filmische Porträt von Hasko Baumann, das am Samstag ausgestrahlt wird. Es ist doch sein eigentliches Medium, das Fernsehen: Hier darf der ehemalige Bergmann, Fremdenlegionär, Betonmischer und Bierzapfer, seine emeritierte Magnifizenz Professor Doktor Lüpertz, zurückschlagen gegen die Kritiker: „Sie mokieren sich über einen Mann, der sich gut anzieht!“ Und der Stock, der sei ja nur wegen des kaputten Knies im Einsatz. Aber dann doch: „Ich lege großen Wert auf Beachtung.“ Und: „Solang Brad Pitt nicht mit im Flugzeug sitzt, habe ich die Chance, im Allgemeinen der attraktivste Gast zu sein.“


Der Film macht wunderbar diese Eitelkeit sichtbar, eine Eigenschaft, die sich das Gegenüber nur als Publikum denken kann. Viel über die künstlerische Arbeit und Motive, die das „bekennerische Genie“ (Hans-Joachim Müller in Monopol) antreiben, erfährt der Zuschauer hier allerdings nicht. Man sieht Lüpertz auch mal beim Malen – hektisch, breitbeinig, gebeugt, grimassierend mit offenem Mund. Aber was will er bloß von der Kunst, und was soll sie sollen? Die Kamera folgt ihm von der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er nach 16 Jahren als zuletzt umstrittener Rektor verabschiedet wird, nach Teltow bei Berlin („Düsseldorf ist nur zu ertragen mit dieser unendlichen Sehnsucht nach Berlin“), wo er im Atelier arbeitet, man sieht den 68-Jährigen als Hausbesitzer in der Toskana, als Kunstliebhaber in Florenz, als Musiker in Salzburg, auf Spurensuche in seiner Geburtsstadt Liberec, als zukünftiger Leiter einer Privatakademie in Potsdam.


Da steht er dann auf einem Turm der Villa Henckel, der zukünftigen „Akademie Souci GmbH Markus Lüpertz“, und ruft aus: „Da bist du doch der Chef von Potsdam!“ Soviel Ehrgeiz im Alter ist wirklich – unterhaltsam. Würde dieser Mann plötzlich bescheiden, man würde etwas vermissen.

 

"Markus Lüpertz - Mein Leben", Samstag, 2. Januar, um 17.20 Uhr auf Arte. Mehr Informationen unter: www.arte.tv