New Yorker Frühjahrsauktionen

Erleichterung, Durchatmen

Der amerikanische Kunstmarkt ist nicht völlig zusammengebrochen. Diese Bilanz lässt sich nach den New Yorker Frühjahrsauktionen für Nachkriegs- und Gegenwartskunst getrost ziehen. Es gab sogar – wie in vergangenen Jahren – Auktionsrekorde zu vermelden.
 
Ein unbetiteltes Selbstporträt Martin Kippenbergers ist bei Sotheby's für den Rekordpreis von 4,1 Millionen Dollar versteigert worden an einen unbekannten Sammler (Gerüchte besagen, es war Friedrich Christian Flick). Die teuerste Kippenberger-Arbeit kostete bislang ein Viertel dieses Wertes. Die Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art, die vor einigen Tagen zu Ende ging, mag den Preisauftrieb erklären. Bei der Auktion Donnerstagabend bei Phillips de Pury hingegen blieb das Kippenberger-Bild „New York zum russisch Abbinden (NYZRA)“ von 1985 unverkauft. Es war auf 400.000 Dollar geschätzt.
 
Auch David Hockneys monumentales Gemälde „Beverly Hills Housewife” erzielte einen persönlichen Preisrekord: Es wurde bei Christie's für 7,9 Millionen Dollar von einem anonymen Bieter ersteigert. Die Arbeit stammte aus der Sammlung der im Januar verstorbenen amerikanischen Mäzenin Betty Freeman; das Gemälde zeigt sie am Pool ihrer Villa. Claes Oldenburgs Skulptur „Typewriter Eraser“, ebenfalls aus der Freeman-Collection, ging für 2,2 Millionen Dollar an die Kunstberatung der Citigroup (der obere Schätzpreis betrug lediglich 1,8 Millionen Dollar), eine weitere Oldenburg-Arbeit blieb unverkauft.
 
Roy Lichtensteins Arbeit „Frolic“ ersteigerte Larry Gagosian für sechs Millionen Dollar. Zuvor hatte der Kunsthändler bei Sotheby’s die Jeff-Koons-Skulptur „Baroque egg with bow“ für 5,4 Millionen Dollar erworben. Noch vergangenen September hatte seine Galerie Arbeiten aus dieser Serie für zwanzig Millionen Dollar angeboten. Denn darüber können die Auktionsrekorde nicht hinwegtäuschen: Im Vergleich zum Mai 2008 sind die Erlöse wesentlich eingebrochen. Christie’s setzte 93,7 Millionen statt 348 Millionen Dollar um, Sotheby’s 47 Millionen statt 362 Millionen. Diese krasse Differenzen liegen nicht allein daran, dass es weniger Käufer gibt. Es werden auch weniger erstklassige Arbeiten eingeliefert: Auch wenn Opfer des Finanzmarkt-Crashes dringend Geld brauchen, warten sie lieber ab oder verkaufen auf anonymeren Privat Sales.
 
Dennoch: Die Käufer konzentrierten sich nicht allein auf Blue-Chip-Kunst. So wurden etwa bei Sotheby’s für eine Fotografie des 1973 geborenen Künstlers Florian Maier-Aichen sensationelle 152.500 Dollar geboten. Selbst für junge chinesische Kunst, deren beste Zeit am Kunstmarkt viele vorüber glaubten, fanden sich teilweise Käufer, als am Donnerstag Arbeiten aus der Saatchi-Sammlung bei Phillips de Pury unter den Hammer kamen. Und wer wird sonderlich traurig sein, dass niemand mehr Geld ausgeben will für die Leinwände des Malers Yue Minjun, der wie kaum ein anderer für den China-Boom stand? Sein Gemälde „Backyard Garden” – darauf die hinlänglich bekannten, irre lachenden Gesichter – blieb am selben Abend unverkauft.
 
dv