Das Bielefelder Familienunternehmen Dr. Oetker gibt ein Raubkunstgemälde an die Erben der früheren jüdischen Besitzer zurück. Es handele sich um das 1954 von Rudolf-August Oetker auf einer Versteigerung erstandene Gemälde "Frühling im Gebirge/Kinderreigen" von Hans Thoma (1839-1924), teilte die Dr. August Oetker KG am Dienstag mit.
Das Bild ist eines von vier Kunstwerken der Oetker-Sammlung, die von einer Provenienzforscherin als mögliche NS-Raubkunst identifiziert worden waren. Auch bei den anderen drei Objekten werde es in nächster Zeit zu Rückgaben kommen, sagte Unternehmenssprecher Jörg Schillinger.
Das Thoma-Gemälde war einst im Besitz des Kunstsammler-Paares Albert und Hedwig Ullmann. Sie hatten Ende des 19. Jahrhunderts die Villa Gerlach in Frankfurt am Main erworben, zu deren Inventar auch Wandgemälde von Thoma gehörten, die die vier Jahreszeiten darstellen. Albert Ullmann starb 1912, seine Frau musste Deutschland 1938 verlassen und war gezwungen, ihren Kunstbesitz zu verkaufen.
Die Erben Ullmanns hätten keine Erkenntnisse über den Verbleib des Gemäldes gehabt, bis Oetker Kontakt mit ihnen aufgenommen habe, hieß es weiter. Der Anwalt der Erbengemeinschaft, David J. Rowland, würdigte die Rückgabe als "herausragendes Beispiel einer Privatsammlung", die bei Nazi-Raubkunst das "Richtige" tun wolle und damit Maßstäbe setze.
Oetker lässt seit 2015 die Herkunft der Werke aus der Sammlung erforschen und hält sich als Privatunternehmen dabei an die internationalen Washingtoner Prinzipien. Diese regeln die Rückgabe der Kunstwerke oder finanzielle Entschädigungen und gelten eigentlich nur für öffentliche Häuser. Die Oetker-Sammlung war maßgeblich von Rudolf-August Oetker (1916–2007), dem Enkel des Firmengründers, aufgebaut worden.