Ein hochpolitischer Biennale-Pavillon

"Die neue Völkerwanderung"

Bei der letzten Architekturbiennale in Venedig 2014 trat Deutschland mit einem Modell des berühmten Kanzlerbungalows an. In diesem Jahr wird es aber noch sehr viel politischer

Im Jahr 2014 hieß der deutsche Beitrag zur Architekturbiennale in Venedig "Bungalow Germania". Dabei wurde der berühmte Bonner Kanzlerbungalow im 1:1-Maßstab in den deutschen Pavillon eingebaut. Das Thema war damals die Architektur der politischen Repräsentation.

In diesem Jahr wird es noch viel politischer: Denn das große Thema der vergangenen Monate macht auch vor der Architektur nicht Halt. Der deutsche Pavillon für die Architekturbiennale in Venedig (28. Mai - 27. November) befasst sich mit der Flüchtlingssituation in Deutschland, der Frage nach bestmöglicher Integration, und setzt sich damit auseinander, wie Architektur und Städtebau dabei helfen können, dass Integration gelingt.

"Ein Großteil der derzeit ankommenden Flüchtlinge wird mittelfristig in Deutschland bleiben, und ein gewisser Teil von ihnen wird zu Einwanderern, also zu neuen Deutschen", sagte der Generalkommissar des Pavillons, Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Ziel ist es, herauszustellen, welche Faktoren die Integration von Einwanderern in einer Stadt begünstigen und welche hinderlich sind."

Grundlage für die Thesen, die das Team um Schmal herausgearbeitet hat, ist das Buch "Arrival City" von Doug Saunders, das sich mit eben diesen Fragen beschäftigt - allerdings anhand von Städten außerhalb Deutschlands. Der Biennale-Beitrag fügt der Analyse nun Städte wie Hamburg, Berlin, Köln, München, Frankfurt und Offenbach hinzu, in denen einzelne Viertel längst zu "Ankunftsstädten" geworden seien - darunter beispielsweise Hamburg-Wilhelmsburg oder die Schwanthalerhöhe in München mit einem Migrantenanteil von jeweils über 30 Prozent.

Als besonderes Beispiel hebt die Ausstellung Offenbach hervor. "Offenbach ist ein ganz besonderes Beispiel dafür, wie Integration gelingen kann", sagte die Projektkoordinatorin Anna Scheuermann.

Wie der Pavillon in Venedig genau aussehen soll, verrieten die Macher in München zwar noch nicht, zum Konzept gehört aber auch eine Datenbank, die schon jetzt freigeschaltet wird. Darin sind verschiedene architektonische Lösungen für Flüchtlingsunterkünfte aufgelistet. "Die Daten stehen dann allen Entscheidern als Informationsquelle zur Verfügung", sagte Schmal. "Es gibt Informationen über die Standorte, Preise pro Quadratmeter, Flächen, beteiligte Architekten und Behörden, Anzahl der Personen, die dort untergebracht werden können, und zur Konstruktionsweise. Wenn also jemand in irgendeiner Behörde vor der Entscheidung steht, Flüchtlingsunterkünfte bauen zu müssen, wird er dort fündig. Bislang gab es kaum irgendwo geballte Informationen dazu."

Dass die Präsentation in München stattfand, hatte übrigens einen Grund, wie Schmal betonte: "In München hat man sich vorbereitet und Schlüsse gezogen beispielsweise aus dem Jugoslawien-Krieg. In den städtischen Ämtern wurde eine Struktur geschaffen, die es ermöglicht, Neubauten hinzustellen, das technisch zu schaffen und es gegenüber der Bevölkerung so vertreten, dass es auf Akzeptanz stößt", sagte er der dpa. "München ist da vorbildlich und macht eine gute Figur - auch wenn bayerische Politiker aus München das Gegenteil behaupten."