Bei der Einweihung des deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig hat Bundesaußenminister Heiko Maas Kunst als Schlüssel gegen Nationalismus und Abschottung bezeichnet. "Rechtspopulistische und nationalistische Verführer haben gerade zurzeit Hochkonjunktur", beklagte der SPD-Politiker am Freitag. Dagegen werde nur helfen, "die Welt kennenzulernen, die Augen zu öffnen für andere Kulturen und so auch auf diesem Weg unsere gemeinsame Humanität zu entdecken".
Der deutsche Beitrag auf einer der bedeutendsten Schauen zeitgenössischer Kunst ist in diesem Jahr eine multimediale Sound- und Rauminstallation. Sie setzt sich mit Migration, Integration, Ein- und Abgrenzung und Fragen des Zusammenlebens auseinander. Dafür beließen die Kuratorin Franciska Zólyom und die Künstlerin Natascha Süder Happelmann den Pavillon, wie sie ihn nach der Architekturbiennale im vergangenen Jahr vorgefunden hatten: Die Wände sind kaputt und schmutzig, der Eingangsbereich nicht gefegt.
Die Künstlerin verfolgt auf ganzer Linie "Verweigerungs- und Durchkreuzungsstrategien", wie es Ulrich Raulff, der Präsident des Instituts für Auslandsbeziehungen, nannte. Sie wählte für das Projekt den Kunstnamen Süder Happelmann, spricht nicht und tritt lediglich mit einer Steinattrappe auf dem Kopf auf - so auch bei der Einweihung. "Ihr Stichwort lautet: Kollaboration. Daraus spricht die Überzeugung, dass Dinge besser werden, wenn man sich eben zusammentut", sagte Maas. Die Kunst von Happelmann sei ein Versuch, Vertrauen zu schaffen.
"Wir wollten zeigen, dass respektloses Denken (...) gegenüber anderen Daseinsformen oder gegenüber Menschen nicht in der Vergangenheit liegt, sondern dass das Gegenwart ist", erklärte Kuratorin Zólyom. Im deutschen Pavillon haben diese Worte besondere Bedeutung. Er wurde 1909 in den Giardini von Venedig gebaut und 1938 im Auftrag der Nationalsozialisten monumental umgestaltet.
Von den Nationalsozialisten sei die Vorstellung von "Deutschsein" benutzt worden, um auszugrenzen, sagte Maas. Auch rechtspopulistischen und nationalistischen "Verführern" gehe es nicht darum, Zusammenhalt für alle zu stiften. "Sondern sie wollen Identität benutzen, um auszugrenzen", warnte er.
Für die 58. Ausgabe der Biennale ist der Pavillon nun zum "Ankersentrum" geworden, in dem unter anderem ein riesiger Staudamm zu sehen ist, vor dem mehrere große Steine liegen. Den Raum hinter dem Staudamm nimmt eine Soundinstallation ein. Teil einer Skulptur sind blaue Tomatenkisten, die auf das Schicksal ausgebeuteter Erntehelfer in Süditalien hindeuten. Das Projekt prangert das "Ruinöse" der heutigen Welt an: "Die Idee einer Nation: Ein Haus, das nicht für die Menschen ist, die in ihm leben; Land, geteilt durch eine Mauer; eine Tomate auf einer Plantage, die unter sklavischen Arbeitsbedingungen angebaut wurde", wie die Sprecherin der Künstlerin bei der Einweihung aufzählt.
Bei der letzten Ausgabe der Biennale 2017 hatte die deutsche Künstlerin Anne Imhof den Goldenen Löwen für den besten nationalen Beitrag gewonnen. Die riesige Schau zeitgenössischer Kunst öffnet für das Publikum am Samstag, dann findet auch die diesjährige Preisverleihung statt. Die Biennale läuft bis zum 24. November.