Schweiz

Federdieb muss ins Gefängnis

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Der ehemalige Direktor des Naturhistorischen Museums in Bern, Marcel Güntert, hält das Präparat eines Sydneysperbers (accipiter cirrocephalus) aus dem Juli 1954 in der Hand. Über Jahre hat ein Schweizer aus Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Federn von seltenen Greifvogelarten gestohlen hat. Jetzt wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Jahrelang hat ein Schweizer unerkannt Federn und Flügel von seltenen Greifvögeln aus Museumssammlungen gestohlen und Millionenschaden angerichtet

Er sei süchtig gewesen, sagte er im Prozess in Basel entschuldigend, und: "Es tut mir aufrichtig leid." Die Richterin blieb trotzdem hart. Sie verurteilte den Familienvater zu drei Jahren Gefängnis, zwei davon auf Bewährung. Sein Anwalt hatte vergeblich auf eine Strafe nur zur Bewährung plädiert.

Die Staatsanwältin hatte der Mann kurz vor seinem 45. Geburtstag mit seiner Sucht nicht überzeugt. "Hohe kriminelle Energie" bescheinigte sie ihm. Von einer Persönlichkeitsstörung wollte sie nichts wissen. Seit er 2012 erwischt wurde, macht der Mann nach eigenen Angaben eine Therapie. Sein Verhalten sei ihm heute unerklärlich.

Zwei Kinder, einen Job, mittleres Einkommen und nicht vorbestraft - sein Mandant sei ein "Durchschnittsschweizer, wie er im Buche steht", sagt Anwalt Daniel Borter. Ein Mann allerdings mit ungewöhnlichem Hobby. Seit er zehn Jahre alt sei, habe er Federn gesammelt, sagte er im Prozess. Wann daraus die Begierde wurde, von jeder Greifvogelart der Welt eine Feder besitzen zu wollen, weiß er nicht mehr. Heute sei ihm die Sammlung, die einst ein so wichtiger Teil seines Lebens war, egal, sagt der Mann.

Jahrelang hat er Experten in den normalerweise verschlossenen wissenschaftlichen Sammlungen von mindestens sieben Museen getäuscht. Er blendete die Fachleute unter anderem in Stuttgart, Berlin, Frankfurt und München mit seinem Fachwissen über Greifvögel. Einmal alleingelassen rupfte er dann aus den Gefiedern einzelne Federn oder er riss den toten Vögeln sogar ganze Flügel ab. Die Museen schätzten den Sachschaden auf rund 5,5 Millionen Euro.

"Eigentlich ist er aber unermesslich", sagt der Erfurter Biologe Stefan Hertwig, Mitglied der Leitung des Naturhistorischen Museums in Bern. Das hatte der Mann auch heimgesucht, aber als das Museum den Schaden 2012 entdeckte, waren die Taten dort schon verjährt. "Alle Vögel sind Unikate." Der Schaden für ein Museum sei kaum gut zu machen. Denn unklar sei, ob die entwendeten Federn und Flügel tatsächlich jedem einzelnen Museum wieder zugeordnet werden können. "Aber es hätte Signalwirkung", sagt Hertwig vor dem Urteil. Es zeige Wertschätzung für die Arbeit der Wissenschaftler, die mit den Sammlungen schließlich ein "Archiv des Lebens" schafften.

Die Polizei beschlagnahmte mehr als 17.000 Federn. Viele habe er allerdings legal erworben, sagt er. Im Internet gibt es für alles einen Markt. Auch seltene Federn werden dort auf einschlägigen Tauschbörsen feilgeboten. Seit er davon ab ist, will er auch von seiner Sammlung nichts mehr wissen. Die Museen könnten alles haben, sagte er im Prozess. Er wolle helfen, den Schaden wieder gutzumachen.

Die Museen haben Konsequenzen bezogen: Wer heute in wissenschaftlichen Sammlungen forschen will, dem fühlen Museumsverantwortliche ganz anders auf den Zahn. Ist er in Fachkreisen als Experte bekannt? Hat er schon etwas zum Thema veröffentlicht? Die Sammlungen werden heute besser überwacht.