Selfie mit Sessel
Im April 2015 erzielte ein Lockheed-Lounge-Sessel von Mark Newson bei Phillips den Rekordpreis von 2,4 Millionen Pfund. Kurz vor der Auktion hatte Schauspieler Pierce Brosnan auf Instagram ein Selfie von sich vor dem Sessel gepostet und dazu geschrieben: "Es darf geboten werden". In einem Interview mit der "New York Times" zeigte sich Megan Newcome, die Direktorin für digitale Strategie bei Phillips, überzeugt, dass das Posting den Sessel interessanter gemacht hat.
Die sozialen Netzwerke spielen für den Kunstmarkt eine zunehmend wichtige Rolle. Einige der einflussreichsten Marktteilnehmer sind sehr aktiv auf Instagram, wo täglich rund 80 Millionen Fotos geteilt werden. Der frühere Auktionator Simon de Pury hat 149.000 Follower auf dieser Plattform, der New Yorker Galerist David Zwirner 161.000 Follower. Auch die Auktionshäuser machen mit: Christie’s
eröffnete 2009 zuerst einen weltweiten Twitter-Account, bevor es ein Jahr später regionale Strategien entwickelte. Sotheby’s begann 2010 eher lokal in Frankreich, heute twittert das Auktionshaus international.
Digital Natives anlocken
Beide Auktionshäuser versuchen, sich selbst als Lovebrands bei Technikfreunden zu positionieren. Es könnte ja Nachkommen wichtiger Sammler geben, die eines Tages ihr Erbe verkaufen oder selbst eine ganz neue Sammlung aufbauen wollen. "Wir sind nicht aus Spaß auf Twitter, sondern wegen möglicher Interaktionen mit den Sammlern", sagt Édouard Boccon-Gibod, Generaldirektor von Christie’s Frankreich. Das Auktionshaus ermutigt seine Spezialisten, Fotos auf Instagram zu teilen oder auf Twitter und Facebook aktiv zu sein. "Wenn sie zu Ausstellungseröffnungen eingeladen werden und Bilder posten, zeigen sie damit, dass sie offen und interessiert sind und gute Verbindungen haben, und es eröffnet Gesprächspotenzial mit den Sammlern."
Informationen sammeln
Auch Kunstgalerien haben begonnen, diese Plattformen zu nutzen, um Künstler zu vermarkten – die US-amerikanischen und britischen Galerien deutlich stärker als ihre Kollegen auf dem europäischen Festland. "Auf dem Kontinent sind die Leute eher misstrauisch. Sie befürchten, ihre Botschaft werde in den sozialen Netzwerken schlechtgemacht, weil sie nicht in der Lage sind, die Kommentare zu kontrollieren", erklärt Marie-Antoinette Le Moine, Expertin für digitale Kommunikation.
Wie sehr die Nutzung der Plattformen sich tatsächlich in Verkaufszahlen niederschlägt, ist noch umstritten. "Wenn Nutzer etwas auf Instagram 'liken', bedeutet das nicht, dass sie das Geld haben, es zu kaufen", sagt Alexia Guggémos, französische Kunstkritikerin und Spezialistin für soziale Netzwerke.
Dennoch kaufte laut einer Umfrage der Website Artsy von 35 bekannten Sammlern rund die Hälfte Kunst von Künstlern, die sie über Instagram entdeckt hatte. Laut Jahresbericht des Spezialversicherers Hiscox zum Onlinekunsthandel waren 74 Prozent der Onlinekäufer von Postings anderer Mitglieder von sozialen Netzwerken beeinflusst. "70 Prozent unserer Follower auf Facebook sind jünger als 45 Jahre alt", sagt Auréline Fouquet, Community-Managerin beim Auktionshaus Drouot. "Wir können messen, was sie mögen und was nicht. So waren wir überrascht, dass sie mehr Informationen zu Möbeln aus dem 18. Jahrhundert haben wollten als zu Design. Mit diesem Wissen können wir unsere Kommunikations- und Marketingstrategien anpassen."