Rentfort-Nord ist ein Stadtteil von Gladbeck, doch er könnte überall in Deutschland liegen. Ein Hochhausturm in der Mitte, darunter eine Filiale der Deutschen Bank, ein Supermarkt und ein paar Geschäfte. Die Stadtplaner der späten 60er haben sich so das Wohnen der Zukunft vorgestellt. „Manche nannten das urbane Utopien“, sagt der Künstler Markus Draper, der sich in Installationen mit fehlgeleitetem Städtebau und architektonischen Nicht-Orten auseinandersetzt und in der neuen Galerie Gladbeck unter dem Titel „Häuser und Schatten“ auch eine Arbeit zu Rentfort-Nord zeigt.
Von Utopie war spätestens seit dem 16. August 1988 in Bezug auf Rentfort-Nord nicht mehr die Rede. Die beiden Geiselnehmer Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski raubten die Bank unter dem Hochhaus aus, sie nahmen Silke Bischoff und Ines V. als Geiseln. Reporter, unter denen sich auch der Moderator Frank Plasberg befand, hielten Rösner das Mikrofon unter die Nase, während er eine Pistole an die Schläfe von Silke Bischoff drückte. Sie fuhren im Auto der Geiselnehmer mit und behinderten die Polizeiarbeit. Das Geiseldrama endete in einer Katastrophe: Es starben drei Menschen, nachdem die beiden Geiselnehmer tagelang und öffentlichkeitswirksam durch die Bundesrepublik fahren konnten.
Vor allem die Medien wurden mit ihrer eigenen Moral und den Grenzen des Journalismus konfrontiert. Markus Drapers „Rentfort-Nord“ bohrt in Wunden. Der WDR, der erst sogar als Mediensponsor auftreten wollte, verweigerte im Laufe des Projekts die Mitarbeit. Löblich ist vor allem der Mut der Stadt, sich dem Geiseldrama zu stellen. Die Neue Galerie Gladbeck machte Drapers Ausstellung überhaupt erst möglich.
Ein lebensfeindlicher Nicht-Ort
Draper baute in deren Räumen, die nur einen Steinwurf von Rentfort-Nord entfernt liegen, die Stationen des Geiseldramas im Maßstab 1:100 nach. Mit einer Mini-Kamera durchfährt er die kargen Modelle und schneidet passagenweise die originalen Tonaufnahmen von den Geschehnissen dazu. Draper zeigt Rentfort-Nord als das, was es immer war: einen lebensfeindlichen Nicht-Ort, der trotz hochtrabender Vorstellungen seiner Erbauer, nie mit Leben gefüllt werden konnte. Hat die Architektur das Geiseldrama überhaupt erst möglich gemacht?
Die Tage im August waren neben dem Flugzeugunglück von Rammstein das letzte öffentliche Trauma der alten BRD. Draper, der in der DDR aufwuchs, hat einen unverstellten Blick auf die Geschehnisse. Kühl und ohne Pathos seziert er das Fehlverhalten der Medien und die stadtplanerischen Katastrophen der BRD. Seine Arbeit macht auch deutlich, dass die städtebaulichen Ideen in West und Ost gar nicht so verschieden waren. Denn worin unterscheiden sich die Plattenbauten der DDR von dem Gladbecker Neubaugebiet? Bis auf die Produkte im Supermarkt und der Sparkasse eigentlich kaum. Der Hochhausturm von Rentfort-Nord wird übrigens bald abgerissen. Wie stellen sich die Stadtplaner eigentlich heute die Zukunft vor?
Neue Galerie Gladbeck, bis 13. Januar
Von Utopie war spätestens seit dem 16. August 1988 in Bezug auf Rentfort-Nord nicht mehr die Rede. Die beiden Geiselnehmer Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski raubten die Bank unter dem Hochhaus aus, sie nahmen Silke Bischoff und Ines V. als Geiseln. Reporter, unter denen sich auch der Moderator Frank Plasberg befand, hielten Rösner das Mikrofon unter die Nase, während er eine Pistole an die Schläfe von Silke Bischoff drückte. Sie fuhren im Auto der Geiselnehmer mit und behinderten die Polizeiarbeit. Das Geiseldrama endete in einer Katastrophe: Es starben drei Menschen, nachdem die beiden Geiselnehmer tagelang und öffentlichkeitswirksam durch die Bundesrepublik fahren konnten.
Vor allem die Medien wurden mit ihrer eigenen Moral und den Grenzen des Journalismus konfrontiert. Markus Drapers „Rentfort-Nord“ bohrt in Wunden. Der WDR, der erst sogar als Mediensponsor auftreten wollte, verweigerte im Laufe des Projekts die Mitarbeit. Löblich ist vor allem der Mut der Stadt, sich dem Geiseldrama zu stellen. Die Neue Galerie Gladbeck machte Drapers Ausstellung überhaupt erst möglich.
Ein lebensfeindlicher Nicht-Ort
Draper baute in deren Räumen, die nur einen Steinwurf von Rentfort-Nord entfernt liegen, die Stationen des Geiseldramas im Maßstab 1:100 nach. Mit einer Mini-Kamera durchfährt er die kargen Modelle und schneidet passagenweise die originalen Tonaufnahmen von den Geschehnissen dazu. Draper zeigt Rentfort-Nord als das, was es immer war: einen lebensfeindlichen Nicht-Ort, der trotz hochtrabender Vorstellungen seiner Erbauer, nie mit Leben gefüllt werden konnte. Hat die Architektur das Geiseldrama überhaupt erst möglich gemacht?
Die Tage im August waren neben dem Flugzeugunglück von Rammstein das letzte öffentliche Trauma der alten BRD. Draper, der in der DDR aufwuchs, hat einen unverstellten Blick auf die Geschehnisse. Kühl und ohne Pathos seziert er das Fehlverhalten der Medien und die stadtplanerischen Katastrophen der BRD. Seine Arbeit macht auch deutlich, dass die städtebaulichen Ideen in West und Ost gar nicht so verschieden waren. Denn worin unterscheiden sich die Plattenbauten der DDR von dem Gladbecker Neubaugebiet? Bis auf die Produkte im Supermarkt und der Sparkasse eigentlich kaum. Der Hochhausturm von Rentfort-Nord wird übrigens bald abgerissen. Wie stellen sich die Stadtplaner eigentlich heute die Zukunft vor?
Neue Galerie Gladbeck, bis 13. Januar