Peaches:
"Als ich zur Highschool ging, gehörte eine meiner Freundinnen zu den Ersten, die einen Walkman bekamen. Sie lieh ihn mir, zusammen mit den einzigen Kassetten, die sie besaß: Sie waren alle von David Bowie. Ich verbrachte eine Woche damit, ‚Low‘, ‚Ziggy Stardust‘ und ‚Station to Station‘ zu hören. Zuerst kannte ich also nur seine Musik, seine Erscheinung spielte gar keine Rolle für mich. Ich liebte ihn dafür, dass seine Texte abstrakt waren und es dennoch schafften, meine Gefühle und meine Einbildungskraft anzuregen.
Bowies Glamour war niemals oberflächlich, sondern im Gegenteil: sehr tiefgründig. Das hob ihn – also den Glamour – auf vollkommen neue Höhen. Bowie war entweder aalglatt und gediegen, oder aber er sah aus wie eine Drag-Queen, und das ohne jemals trashig zu werden. Manche Leute bezichtigen ihn ja, Zeitgenossen wie die New York Dolls, Iggy Pop und T-Rex kopiert zu haben. In Wahrheit aber war er fähig, sich von dem, was ihn umgab, inspirieren zu lassen und das Ganze auf ein anderes Level zu heben – musikalisch wie emotional. Ich wünschte, mehr Musiker täten, was Bowie damals tat: sich ein kontroverses Image zulegen und damit aktuelle Gender-Fragen verhandeln."
Die kanadische Musikerin lebt in Berlin
Tony Oursler:
"Für mich ist David Bowie das perfekte Beispiel für das erweiterte Künstlerbild: Performer, Dichter, Regisseur und natürlich Musiker, zufälligerweise ist er ein Popmusikstar. Meine Videoskulpturen kombinieren figurative Skulptur und Videoinstallation – als ob eine Filmfigur aus der Ordnung der Dinge heraus und in unsere Welt gefallen wäre; eine Art Bruch zwischen filmischem Raum und Realität. Vielleicht ist es das, was David an meinen Videostatuen anzieht: Sie haben ein transformatives Element. Die Projektionen werden auf eine gebogene Oberfläche produziert, und etwas Paramenschliches geschieht mit dem Gesicht. Du siehst aus wie du selbst, aber du siehst auch nicht so aus wie du selbst. Es gibt eine offensichtliche Verbindung zu der Art, wie David sich immer wieder verändert."
Der Künstler ist Regisseur des Musikvideos für Bowies Single "Where Are We Now?"
Kansai Yamamoto:
"In Japan sprechen wir von kabuku und basara. Die Begriffe implizieren, dass man tragen soll, was man will, eine flamboyante und extravagante Ästhetik. Diese Überzeugung stand im Zentrum meiner Mode und meiner Entwürfe für David Bowie. Ich hatte 1971 meine erste Modeschau in London. Und eine befreundete Stylistin hatte Bowie ein Outfit aus der Schau angeboten. Etwas später, als sie wieder in New York war, rief sie mich mitten in der Nacht in Tokio an und sagte, ich müsse unbedingt den nächsten Flieger nach New York nehmen. Sie war so aufgekratzt, dass ich nicht lang überlegte und am nächsten Morgen im Flugzeug saß. Am Abend meiner Ankunft saß ich in der ersten Reihe eines Bowie-Konzerts. Es war klar, dass dieser Auftritt über seine weitere Laufbahn in den USA entscheiden würde, und ich war außer mir vor Freude, dass er zu diesem Anlass Kleidung aus meiner Kollektion trug. Nachher trafen wir uns hinter der Bühne – und so begann unserer Zusammenarbeit."
Yamamoto ist ein japanischer Modedesigner
Victoria Broackes:
"Bowie selbst ist kein politischer Mensch, aber sein radikaler Individualismus signalisierte den Menschen, dass sie sein können, wie immer sie sein wollen. Bowie hat diesen Gedanken popularisiert und eine ganze Generation dazu ermutigt, sich zu emanzipieren. Darin liegt seine historische Bedeutung und zugleich seine Aktualität, denn der Individualismus scheint die Ideologie der Stunde zu sein."
Victoria Broackes hat am Victoria & Albert Museum in London die Ausstellung "David Bowie is" kuratiert
Geoffrey Marsh:
"In der Konsumkultur kann jeder glamourös sein. Das war damals etwas vollkom-men Neues. Seit den frühen 70ern lautet Bowies Botschaft: ‚Schaut nicht mich an, schaut auf euch selbst. Ihr könnt alles sein, tragen und tun, was ihr wollt, und jede be- liebige Sexualität leben.‘ Man muss sich vor Augen halten, dass man damals noch da- für verprügelt werden konnte, wenn man mit Pornografie erwischt wurde – oder mit einem Album von David Bowie. Doch er sagte: ‚Wenn es gut läuft, hat jeder von uns ein paar Jahrzehnte auf dieser Erde. Ich werde mich also nicht darum kümmern, was andere von mir denken. Und ihr solltet das auch nicht tun.‘"
Geoffrey Marsh, Kurator der David-Bowie-Ausstellung am Victoria and Albert Museum (V&A), London
Momus:
"Wie großartig Bowie ist, wurde mir erstmals 1972 klar, als ich ihn ‚Starman‘ sin- gen hörte. Dieser Popsong basiert auf Judy Garlands ‚Over the Rainbow‘. Dunkle, schizoide Akkorde transportieren ein Sci-ence-Fiction-Narrativ mit einer drohenden Spitze zu einem aufsteigenden Refrain, in dem das Wort ‚Starman‘ Garlands ‚Some- where‘ ersetzt. Bowie setzt sich an die Stelle des Regenbogens, er ist der Aufzug zu einer Welt aus Fantasie und Farbe. Anstelle des Hollywood-Glamours der 40er hat Bowie die Nasa und das All, Schönheit und Seltsamkeit, Angst und Entfremdung. Es sind schließlich die 70er! Er ist ein Alien, ein verspielter Eroberer in Kabuki-Kleidern. Er ist androgyn, mit einem Hauch von der Dekadenz eines Oscar Wilde, aber genug, um die Eltern zu erschrecken. Er ist schön und irgendwie schizoid, ein junger Samuel Beckett in Ballettschuhen. Wie Woody Allens Zelig verwandelt er sich immer in die Künstler, die ihn beeindrucken. Wahrscheinlich ist er die erste wirkliche postmoderne Persönlichkeit.
Der Effekt auf mein zwölfjähriges Ich ist absolut prägend. Wie David Bowie will ich fortan mein Leben damit verbringen, ‚David Bowie‘ zu sein. Heute kann man sagen, dass wir alle David Bowie sind. Aber er hat es zuerst getan, und er tut es am besten."
Der Musiker coverte David Bowies „Where Are We Now?“ am Tag der Veröffentlichung
Frida Giannini:
"David Bowie inspiriert mich wegen seines einzigartigen, ungeheuer persönlichen Stils. Wenn ich an ihn denke, sehe ich, wie er allein vor dem Spiegel sein Make-up aufträgt, wie er seine eigenen Kleider zuschneidet und sich anzieht. Jede einzelne seiner Auftritte war eine eigene Performance. Seine mühelose Androgynität ist eine zentrale Referenz für die maskuline Stärke der Frauen und die femininen Rock-’n’-Roll-Unterströmungen der Männer bei Gucci. Bowies Einfluss auf Musik, Mode, Kunst und Popkultur ist unmessbar und wird noch für Dekaden weitergehen."
Frida Giannini ist Kreativ-Direktorin bei Gucci
Iman:
"Im Bad braucht David morgens fünf Minuten."
Iman ist Model und TV-Produzentin, war seit 1992 mit David Bowie verheiratet