Kunsthalle Wien

Damals hinterm Mond

Er ist der große Melancholiker unter den jungen Künstlern. Er baut Räume wie Bühnenbilder, die Geschichten aufscheinen lassen, ohne sie zu Ende zu erzählen. Er malt, collagiert, gießt Figuren lebensecht in Wachs. Und immer ist da diese Stimmung von Vergänglichkeit, Isolation und leiser Trauer. Man liegt nicht falsch, wenn man den Grund für dieses Gefühl im Biografischen sucht.

Andro Wekua hat seine Heimatstadt Sochumi am Schwarzen Meer in Georgien 1992 als 15-Jähriger verlassen. Kurz danach richteten tschetschenische und abchasische Militärs dort ein Massaker an der verbliebenen georgischen Zivilbevölkerung an, und Sochumi wurde für Georgier zur verbotenen Zone. 

Für Wekua, der seit einigen Jahren in Berlin lebt, verwandelte sich der Ort seiner Kindheit in reine, nicht mehr überprüfbare Erinnerung, blieb dabei aber so präsent, dass er die Bilder der Stadt manchmal im Kopf sah wie einen Film. Für seine Ausstellung in der Kunsthalle Wien hat Wekua diesen Film nun zur Wirklichkeit werden lassen. „Never Sleep with a Strawberry in Your Mouth“ lautet der Titel.

Wekua folgt darin wieder einmal eher der freien Assoziation und der Liebe zum Absurden als der Realität. Doch wer den Exilanten nur als Nostalgiker sieht, liegt falsch. Immer wieder verschmilzt er alte Traumbilder mit sehr heutigen. In Wien wird das unter anderem in der Rauminstallation „My Bike and your Swamp (6 p. m.)“ sichtbar.

Ein goldgelb ausgeschlagener Kubus, darin das schwarze, lebensgroße Modell eines Motorrads mit einer darauf hingestreckten jungen Frau aus Wachs: So interpretiert Wekua die Begegnung von Bike und Sumpf. Die Frau hat die Augen geschlossen. Wekuas Figuren erwidern den Blick nicht, sie bleiben in ihrer eigenen Welt.

In diesem Jahr wird Andro Wekua noch mehr Gelegenheiten bekommen, seine Symbolwelten zu inszenieren. Im März folgt eine Einzelausstellung in Kassel, und neben Cyprien Gaillard, Klara Lidén und Kitty Kraus wurde er für den diesjährigen Preis der Nationalgalerie für junge Kunst nominiert.

Ab 18. Februar in der Kunsthalle Wien