Akademie-Chefin Rita McBride

"Beuys hat immer noch eine mythische Bedeutung"

Joseph Beuys und die Düsseldorfer Kunstakademie - das ist eine ebenso enge wie traumatische Beziehung. Der Meister von Filz und Fett, der vor 30 Jahren starb, krempelte die traditionsreiche Kunsthochschule als Professor gründlich um. Allerdings: Weil Beuys 142 abgewiesene Studienbewerber in seine Klasse aufgenommen hatte, kündigte ihm der damalige Wissenschaftsminister Johannes Rau 1972 fristlos. Doch der Geist von Beuys (1921-1986) weht bis heute durch die Akademie, meint die heutige Rektorin, die US-Künstlerin Rita McBride, im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Welche Bedeutung hat Beuys für die Kunstakademie heute? Spielt er überhaupt noch eine Rolle?
Beuys hat immer noch eine sehr große mythische Bedeutung. Viele Studierende hier hatten Lehrer, die einst Studenten bei Beuys waren. Man spürt also die Wirkung von Beuys. Aber er lebt auch durch die vielen Geschichten weiter, durch die Nähe, die er zu den Menschen hatte. Die Düsseldorfer Akademie und Beuys - das gehört zusammen. Und was ich so erstaunlich finde ist, dass ich nie die gleichen Geschichten höre.

Was war neu in seiner Art zu lehren?
Er hat in die Akademie eine neue Idee des Lehrens gebracht, neue Möglichkeiten der Beziehung zwischen Lehrern und Studenten. Er war nicht einfach der Meister, und dort waren die Studenten. Es war vielmehr die soziale Relevanz seiner Kunstpraxis. Es ging nicht mehr um die romantische Beziehung zur Malerei oder Bildhauerei, sondern darum, über die Welt, in der wir als Gemeinschaft leben, nachzudenken.

Versuchen Sie als Professorin an der Akademie, diesen Weg auch zu beschreiten?
Bewusst mache ich das nicht, aber ich bin sicher, ich könnte nicht so lehren, wie ich es tue, wenn Beuys nicht gewesen wäre und das alles ermöglicht hätte.

Welchen Einfluss hat Beuys auf die heutige Kunst?
Ich glaube, in jedem steckt ein bisschen Beuys. Er ermöglichte Künstlern einen ganz neuen Blick und Möglichkeiten, eine Welt künstlerisch zu erforschen. Es sind weniger die Objekte als die Ideen, die Beuys als Künstler heute so präsent machen. Sein Einfluss ist ein ganz anderer als im traditionellen Sinne, wo man den Einfluss eines Lehrers auf seinen Studenten direkt sehen kann.

Warum ist Beuys für uns heute immer noch so faszinierend?
Ich glaube, es ist auch der Kult um seine Person. Es gibt viele Fotografien von ihm. Er ist für jeden wirklich eine Berühmtheit.

Die US-Künstlerin Rita McBride (55) ist seit 2013 Rektorin der Kunstakademie Düsseldorf. Schon seit 2003 ist die 1960 in Iowa geborene Installationskünstlerin und Bildhauerin Professorin an der international renommierten Kunsthochschule. McBride selbst war Schülerin von John Baldessari.