Design Week

"Wir wollen Berlin erlebbar machen"

Welches Potenzial hat die Berliner Design Week? Und gibt es überhaupt deutsches Design? Darüber haben wir mit Alexandra Klatt gesprochen, die das Festival leitet

Alexandra Klatt, im Programm der Berliner Design Week liest man Punkte wie zirkuläre Materialnutzung, immersive Technologien im Design, inspiriert von Pokémon Go und es wird auch darüber geredet, wie die Sedierungsrate in der Kinderheilkunde reduziert wird. Wo findet das alles statt?

Das Peter-Behrens-Haus in Oberschöneweide ist ein atemberaubendes Gebäude, auf drei Etagen zeigen wir Ausstellungen, haben täglich Talks und Workshops. Es gibt den Designmarkt Design Pool, wo Teilnehmende ihre Handwerkskunst und Produkte vorstellen und verkaufen. Unterschiedlichste Bereiche aus diesen diversen Designfeldern sind zu sehen. Studentenprojekte oder der Turkish Council kommt mit einer großen Ausstellung von Craftdesign aus der Türkei.

Parallel läuft die Ausstellung "Next Young European Design" im Kunstgewerbe Museum. 

Im letzten Jahr haben wir dieses Projekt mit Eunic Berlin gestartet, das ist ein Verband der Kulturinstitute und Botschaften Europas. Für die Ausstellung, die ich kuratieren durfte, haben wir aus den Ländern, die sich beteiligen wollen und können, Designer eingeladen, auszustellen. 30 Projekte und Arbeiten aus elf Ländern – nämlich Estland, Großbritannien, Luxemburg, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Österreich, Polen, Schweiz, Ukraine und Ungarn – sind dabei.

Und dann gibt es auch noch die offenen Studios.

Bei den Design Nights öffnen Berliner Studios am 2. und 3. Mai ihre Türen und zeigen ihre Arbeiten. 18 Studios sind dabei, die man so abklappern kann. Zum Beispiel das Weberloft, Tamschick Media+Space oder Aufschnitt / Gravitex Studio.

Gibt es Trends oder Themen, die abzulesen sind?

Das Thema Nachhaltigkeit ist ja schon lange da, das sollte fast schon selbstverständlich sein. Dieses Jahr zieht sich das Thema künstliche Intelligenz durch alle Bereiche. Das ist ein Feld, wo gerade viel passiert. Die Jahre davor war es viel Craft, ein festhalten an Traditionen. Und jetzt öffnet sich Design viel mehr. 

In diesem Jahr ist die Design Week gleichzeitig mit dem Gallery Weekend. Wird es Synergien geben?

Das ist noch schwer zu sagen. Wir hatten noch nicht die Chance, aktiv Synergien zu knüpfen. Wir haben das auch nicht bewusst entschieden, die Termine lagen für uns einfach so und ich denke, das wird richtig gut, in Berlin ist ja immer viel los. 

Seit wann gibt die Design Week eigentlich?

Mit dem Designmai gab es lange eine Veranstaltung, die die Berliner Designszene präsentiert hat. Der wurde aber 2016 eingestellt und das war ein Schock für viele. Seit 2012 kuratiere ich Design-Veranstaltungen, von Ausstellungen über Konferenzen, Symposien. Und ab 2016 haben wir dann mit einem losen Verbund von Leuten im kleinen Rahmen Ausstellungen in Berlin organisiert und daraus ist die Design Week gewachsen. Einfach, weil so etwas gefehlt hat. Denn neben den Musikern, den Künstlern und den Filmemachern in Berlin brauchen auch Designer ihre Plattform.

Was ist denn das Ziel der Design Week?

Wir wünschen uns, ein Fenster nach außen zu sein. Europaweit noch sichtbarer zu werden. Wir haben wirklich viele internationale Gäste und Aussteller. Aber was wir wollen, ist ein authentisches Berliner Format zu sein. Wir wollen Berlin erlebbar machen. Aber auch Netzwerk und Austausch ermöglichen. Deswegen gibt es auch unser Format Design + Science, denn Berlin ist auch ein großer Wissenschaftsstandort.

Mit dabei sind die Berliner Gestalter von Bottone, Tebton oder MiNiMONO. Bekanntere und international agierende Berliner Studios wie Aisslinger, Loehr, Llot LLov, Geckeler Michels sind nicht dabei.

Die nicht. Aber wir haben dieses Jahr das erste Mal die Big Player wie Miele, Siemens oder Polestar dabei.

Jetzt hat es zum Beispiel die Berlin Fashion Week nicht unbedingt geschafft, international eine kreative Strahlkraft aufzubauen – hat die Design Week das Potenzial?

Wenn ich nicht daran glauben würde, würde ich das natürlich nicht machen. Aber generell verändert sich gerade ganz viel. Und da haben wir den Vorteil mit unserer Größe noch sehr flexibel und fluide reagieren zu können. Wir wollen das Dach sein und die Akteure einladen, aktiv etwas zu gestalten. Und das entsteht jetzt mehr und mehr. In Berlin haben wir leider ein Problem mit den Locations. Wenn es größer wird, braucht man Orte. Und es ist für Ausstellende auch eine Wahnsinnslogistik, die dahinter steckt. Das sind so die Herausforderungen für Gastgeber. Und da wünschen wir uns auch die Unterstützung vom Senat oder von Visit Berlin, Vermittlung etwa oder auch Räume. 

Auf der Mailänder Möbelmesse hat die Schweiz einen großen Auftritt, Österreich auch. Warum kriegt Deutschland das eigentlich nicht hin? 

Das ist schwierig zu sagen. Die Universitäten sind ja dort oft vertreten, aber es gibt nicht diesen einen Hub. Vielleicht, weil wir eben auch so föderalistisch organisiert sind?

Gibt es eigentlich Berliner Design oder deutsches Design?

Die Frage stellen wir uns auch und stellen immer wieder fest: Das ändert sich. Das liegt auch daran, dass Design immer am schnellsten reagieren muss auf Trends, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, Materialien oder Bedürfnisse. In Deutschland gehen wir immer noch sehr präzise vor, das zeichnet deutsches Design aus. Und ich glaube, es ist typisch für Berlin, dass hier sehr viele unterschiedliche Sichtweisen zusammenkommen. Warum kommen die alle nach Berlin und warum sind die hier so kreativ? Ich glaube, weil Berliner sehr schwer zu beeindrucken sind.