Künstler erschaffen für gewöhnlich etwas. Fürs Verschwindenlassen sind dagegen ihre entfernten Kollegen, die Zauberkünstler, zuständig. Anders ist es bei dem, was Gregor Schneider nun mit der ehemaligen Synagoge in Pulheim-Stommeln bei Köln angestellt hat. Schon auf dem Weg entreißen mir Kneipengänger die Broschüre. Die zeigt zwar, aufgeklappt, Schneiders Werk in Postergröße: eine biedere Hausfassade, die das frühere Gotteshaus verdeckt. Aber wirklich verstehen will es keiner. "Das soll der Künstler gemacht haben? Sieht doch ganz normal aus."
In der Tat: Lediglich ein gewölbter Überbau, hinter dem der Davidstern verborgen ist, passt nicht ganz zum butterblümchengelben Häuschen mit Garageneinfahrt, das ein wenig zu intensiv leuchtet. Schon einmal, 1937, verschwand diese Synagoge – und entging so der Zerstörung. Die jüdische Gemeinde verkaufte das Gebäude an den benachbarten Bauern als Lagerraum. Er verdeckte den Davidstern mit Mörtel und wies die SA-Schergen mit ihren Fackeln ab. Wieder einmal bringt Schneider Vergangenheit durch einen Akt des architektonischen Remakes ins Bewusstsein.
"Gregor Schneider: Hauptstraße 85 a", Synagoge Stommeln, Pulheim, bis 26. Oktober