Rückblick 2023

9 Kunst-Fails des Jahres

Überall Scherbenhaufen: Neun Kunst-Pannen, über die wir in diesem Jahr die Köpfe geschüttelt haben

Koons-Panne

Auf der Kunstmesse Art Wynwood in Miami klopfte Mitte Februar eine Besucherin gegen eine Glasskulptur des US-Künstlers Jeff Koons – woraufhin diese umstürzte und in tausende Stücke zerschellte. Immerhin: Das 42.000-Dollar-Werk war versichert. 

Penisneid

Ende März wurde in Florida eine Schulleiterin geschasst, weil sie ihren Schülern im Kunstunterricht ein Bild des nackten "David" von Michelangelo gezeigt hatte. Nach Elternbeschwerden hatte die Schulbehörde der Lehrerin wegen der Verwendung "pornografischen Unterrichtsmaterials" ein Ultimatum gestellt. 

Verstehen Sie Bahnhof?

Wer dachte, dass es in den vergangenen Jahren ausreichend Kritik an Walter Smerling und seinem privaten Verein "Stiftung für Kunst und Kultur" gab, wurde in diesem Jahr eines Besseren belehrt: "Station to Station" heißt ein neues, millionenschweres Kunstprojekt der Deutschen Bahn, das sich der mit Konzernchefs und Politikern bestens vernetzte Smerling ausgedacht hat. Ohne öffentliche Ausschreibung, ohne öffentlichen Wettbewerb darf der Kulturmanager dabei allein entscheiden, welche Art von Kunst ausgewählte Bahnhöfe aufhübschen soll, beachtliche 1,5 Millionen Euro stehen dafür bereit. Zur Premiere wurde Ende April am Berliner Hauptbahnhof eine Skulptur von Bettina Pousttchi eingeweiht – "feierlich", wie es heißt, aber wirklichen Grund zum Feiern hatte wohl nur ein Mann.

Selbstbedienungsmuseum

Über Jahre hinweg wurden aus dem British Museum in London schätzungsweise 2000 Objekte gestohlen, teils beschädigt, auf Ebay verkauft. Im August wurde der von zahlreichen institutionellen Versäumnissen begleitete Diebstahl öffentlich, der langjährige Direktor des Museums, Hartwig Fischer, trat zurück.

Kein Bereuen

Am 19. Oktober veröffentlichte das Kunstmagazin "Artforum" auf seiner Website einen "Offenen Brief der Kunst-Community", in der die ständige Bombardierung Gazas beklagt und als "Genozid" bezeichnet wurde und zur Unterstützung des palästinensischen "Freiheitskampfes" aufgerufen wurde – das Hamas-Massaker vom 7. Oktober jedoch mit keinem Wort erwähnt wurde. Nach massiven Protesten wurde Chefredakteur David Velasco entlassen – er sagt, er bereue nichts.

Kein offener Gedankenaustausch

Nach einer Diskussion um Antisemitismusvorwürfe trat Anfang November zunächst der indische Schriftsteller und Kurator Ranjit Hoskoté und kurz darauf die gesamte Findungskommission der Documenta 16 zurück. "Unter den gegenwärtigen Umständen glauben wir nicht, dass es in Deutschland einen Raum für einen offenen Gedankenaustausch und die Entwicklung komplexer und nuancierter künstlerischer Ansätze gibt, die documenta-Künstler und -Kuratoren verdienen", so die Kommission in ihrer Rücktrittserklärung.

Canceled

Ende November sagt das Saarlandmuseum eine für 2024 geplante Ausstellung der jüdischen Künstlerin Candice Breitz ab – wegen angeblich kontroverser Aussagen zum Gaza-Krieg.  Die Absage bestätigt auf absurde Weise die Befürchtung vieler Kunstschaffender, dass die Freiheit der Debatte in Deutschland dramatisch schrumpft.

Unterm Teppich

Vor zwei Jahren verursachte die Vorstellung der Sammlung Bührle im Kunsthaus Zürich einen Skandal, da das Museum die historische Belastung der Sammlung – das Vermögen des deutsch-schweizerischen Industriellen Emil Bührle beruhte im Wesentlichen auf dem Verkauf von Waffen an NS-Deutschland – außer Acht gelassen hatte. Auch der zweite Anlauf diesen Herbst endete mit einem Eklat. Zwar stand bei der Neupräsentation der Waffenhändler im Fokus – nicht aber die Opfer der NS-Zeit. Die Geschichten der im Nationalsozialismus Verfolgten und Ermordeten seien "ein weiteres Mal marginalisiert" worden,  die "genozidale Dimension des nationalsozialistischen Kunstraubs" werde nicht angemessen dargestellt, erklärte die Historikerin Stefanie Mahrer. Sie und ihre Kollegen des wissenschaftlichen Beirats, der die Neukonzeption der Bührle-Ausstellung begleiten sollte, traten geschlossen zurück. 

Falscher Mann auf falschem Posten

Der designierte neue Präsident der Venedig-Biennale, Pietrangelo Buttafuoco, vereinigt viele Eigenschaften, die einen um die Zukunft der Kunstschau bangen lässt: Er ist Rechtpopulist und Getreuer der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni, er ist TV-Journalist, bandelte in seiner steilen Medienkarriere mit den Neofaschisten und der Lega an – und ist in der Kulturwelt ein absoluter Unbekannter.