Spektakulärer Kunstschwindel

Hirst-Diamantenschädel wurde nie verkauft

Der Künstler Damien Hirst sorgte 2007 mit dem angeblichen Verkauf eines 100-Millionen-Dollar-Schädels für Schlagzeilen. Jetzt stellt sich heraus: Das Werk wurde nie veräußert

Die Skulptur mit dem Titel "For the Love of God", die aus einem Platinabguss eines menschlichen Schädels aus dem 18. Jahrhundert und 8.600 Diamanten bestehen soll, gehört nach jüngsten Angaben des Briten immer noch ihm selbst, seiner Londoner Galerie White Cube und ungenannten Investoren. Hirst sagte der "New York Times", dass das Kunstwerk die letzten Jahre in einem Lager im Londoner Juwelierviertel Hatton Garden lag.

Im August 2007 hatten Damien Hirst und White Cube behauptet, den Schädel für 50 Millionen Pfund (100 Millionen Dollar) an eine Gruppe anonymer Investoren verkauft zu haben. An diesem Deal wurde allerdings damals schon gezweifelt, weil es Ungereimtheiten in der Darstellung gab und die Galerie keine konkreten Beweise für den Verkauf vorlegte. Auch gab es unterschiedliche Angaben zum Herstellungspreis, der zwischen 8 Millionen und 15 Millionen Pfund gelegen haben soll – ein Wert, der damals von Juwelieren als zu hoch beurteilt wurde.

Damien Hirst gehörte vor dem Finanzbörsencrash 2008 zu den teuersten lebenden Künstlern. Ein Jahr nach dem angeblichen Schädel-Coup versteigerte der Künstler gemeinsam mit Sotheby’s und ohne Vermittlung seiner Galerien 200 seiner Werke, die er eigens für die Auktion anfertigen ließ. 111,4 Millionen Pfund brachte die zweitägige Auktion ein.

Doch ist "For the Love of God" auch ohne seinen spektakulären Verkauf ein interessantes Kunstwerk? Andreas Beyer hatte 2012 in Monopol eine Betrachtung unabhängig vom Kunstmark gefordert: "Wem es freilich nur angesichts der 50 Millionen Pfund, für die das Werk verkauft wurde, den Atem verschlägt, der ist für die Kunst nicht gemacht", schrieb der Leiter des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris damals. "Selten nämlich hat eine zeitgenössische Arbeit, in ihrer Korrespondenz von Material- und Kunstwert, verführerischer gefunkelt und sich in ihrer kostbaren Fassung eleganter eingeschrieben in die Tradition der mittelalterlichen Schatzkunst. Mit dem Totenschädel – der zu diesem Zeitpunkt längst schon, bis hin zu H&M, zum Modeaccessoire verkommen war – hat Hirst ein Motiv rehabilitiert, das von der Reliquienverehrung bis zur Stilllebenmalerei zu den Konstanten der anschaulichen Vanitas zählt."