Vor New Yorker Herbstauktionen

Gedrückte Stimmung auf dem Kunstmarkt

Der internationale Kunstmarkt war jahrelang rekordverwöhnt und schien sogar die Pandemie relativ unbeschadet überstanden zu haben. Doch jetzt drücken die Kriege und Konflikte der Welt auf die Stimmung. Wie sehr zeigt sich das bei den Herbstauktionen in New York?

So richtig enthusiastisch will die Stimmung auf dem Kunstmarkt in diesem Jahr einfach nicht werden. Während Sotheby's im vergangenen Jahr noch von der "größten Saison, die der Kunstmarkt je gesehen hat", geschwärmt hatte, klingt vor den Herbstversteigerungen der großen New Yorker Auktionshäuser in diesem Jahr (ab Montag, 13. November) alles etwas verhaltener. "Zu sagen, dass das, was in diesem Jahr passiert ist, keinen Einfluss haben wird, wäre unverantwortlich", sagte Alex Rotter vom Auktionshaus Christie's der "New York Times".

Der weltweite Kunstmarkt ist rekordverwöhnt und kam sogar einigermaßen unbeschadet durch die Corona-Pandemie. Der große Rekord von 2017 - als das Leonardo da Vinci (1452-1519) zugeschriebene Bild "Salvator Mundi" in New York für 450,3 Millionen Dollar versteigert und zum teuersten je versteigerten Kunstwerk wurde - blieb zwar seitdem unerreicht. Aber immerhin schob sich im Frühjahr 2022 ein von US-Künstler Andy Warhol (1928-1987) angefertigtes Porträt der Schauspielerin Marilyn Monroe (1926-1962) mit rund 195 Millionen Dollar auf den zweiten Platz.

Von solchen Preisen können die Auktionshäuser derzeit nur träumen. Vor allem Kriege und Konflikte auf der Welt - insbesondere in der Ukraine und im Gazastreifen - und die daraus resultierende Sorge um die Weltwirtschaft drücken auf die Kauflust der wohlhabenden Interessenten. Von einer "Rekalibrierung", einem "weicheren Markt" und einer "geringen Tiefe bei den Bietern" spricht Drew Watson, der bei der Bank of America für Kunst zuständig ist.

Bieter momentan "maßvoller"

Immerhin gab es im Vorfeld schonmal einen Rekord, der für bessere Laune zum Auftakt sorgen könnte: Ein Werk des spanischen Künstlers Pablo Picasso (1881-1973) aus der berühmten Sammlung der im März im Alter von 102 Jahren gestorbenen Emily Fisher Landau brachte vor wenigen Tagen bei einer Vorab-Auktion fast 140 Millionen Dollar ein - das teuerste bislang in diesem Jahr versteigerte Werk und das zweitteuerste je bei einer Auktion versteigerte Bild von Picasso.

Gerade bei jüngeren Künstlern aber seien die Bieter momentan "maßvoller", sagt Robert Manley vom Auktionshaus Phillips. Wenn die Gebote früher rasch auf 800 000 oder eine Million Dollar hochgeschnellt seien, gehe es derzeit eher auf 200 000 oder 300 0000 Dollar hoch.

Ein paar Leuchttürme erwarten die Experten dann aber doch: Das Werk "Compotier et guitare" von Picasso könnte bei Sotheby's um die 25 Millionen Dollar einbringen, ein Selbstporträt des US-Künstlers Jean-Michel Basquiat (1960-1988) um die 60 Millionen Dollar. Das Werk "Abstraktes Bild, 1987" des deutschen Künstlers Gerhard Richter könnte bei Phillips für rund 30 Millionen Dollar versteigert werden.

Aktion in Unterhose auf dem Sofa

Zudem dringen die Auktionshäuser auch immer weiter in andere Bereiche außerhalb der Kunst vor - Sneakers und Handtaschen etwa. Dafür hilft es, dass ihre Auktionen spätestens seit der Pandemie dank Live-Streaming via Internet und sozialen Medien Millionen Menschen auf der ganzen Welt erreichen. 

Längst haben die großen Auktionshäuser dafür ganze Produktionsfirmen angeheuert. "Vor 20 Jahren dachten die Menschen, sie müssten Mitglied eines Elite-Clubs sein, um durch die Tür eines Auktionshauses zu laufen", sagt Adrien Meyer von Christie's. "Jetzt kann man eine Aktion in Unterhose auf dem Sofa verfolgen."