Kinofilm über das Licht

Die Botschaft der Photonen

Künstlerinnen und Wissenschaftler haben etwas gemeinsam: Sie versuchen, das Phänomen Licht zu verstehen. Aus der Begegnung dieser beiden Gebiete ist nun der wahrhaft erhellende Film "Tracing Light" entstanden

Für Albert Einstein, so das Zitat am Anfang, lag der Ursprung von Wissenschaft und Kunst im Geheimnisvollen, also in dem, was sich nicht komplett beschreiben lässt. Das gilt immer noch für das Licht, was Regisseur und Kameramann Thomas Riedelsheimer aber nicht daran hindert, in seinem Dokumentarfilm "Tracing Light" der Funktionsweise dieses Phänomens in meditativen Einstellungen nachzuspüren.

Seine reiseintensive Suche führt ihn zu Physikerinnen und Physikern an Forschungseinrichtungen in Deutschland, England und Schottland. Sie beantworten die Fragen von Kunstschaffenden geduldig und mit Sinn für Anekdoten. Der Erkenntnisgewinn, den man aus diesen mitunter etwas wortlastigen Begegnungen zieht, ist beachtlich. Denn beide Seiten bemühen sich, die Komplexität des Themas mit Metaphern und einfachen Beispielen möglichst verständlich zu durchdringen.

So erfährt man etwa, dass die Zeit am Kopf schneller verläuft als an den Füßen, Blau eine schwierige Farbe ist – und Photonen echte Mistkerle. Denn wenn zwei von ihnen in ein schwarzes Loch fallen, verschwindet das eine darin und das andere kann sich retten. Flankiert wird der Wissensdrang von atemberaubenden Naturaufnahmen voller Sonnenreflexe, schimmernder Tautropfen und wild springender Schatten. Ihr Geheimnis bleibt nicht lange erhalten, denn jedes Gespräch entmystifiziert Schritt für Schritt diese vermeintlich magischen Naturphänomene.

Lichtkunst zwischen Philosophie und Forschung

Das gilt auch für die Kunst, die sich nicht in Esoterik, sondern in Tiefenbohrungen gefällt. Wie die Land-Art-Künstlerin Julie Brook: Sie reiht ihre an Stonehenge erinnernden Stein-Iglus an der Küste Schottlands auf und lässt sie das Sonnenlicht bündeln und spiegeln. Das Duo Semiconductor macht mit Laserkameras Photonen sichtbar und lässt Glasplatten schmelzen, während Johannes Brunner und Raimund Ritz unter einem riesigen Oberlicht des neu errichteten MPI-Gebäudes eine mattschwarze Kugel aufsteigen lassen. Auch wenn Licht und Stille für Riedelsheimer ein Tabu zu sein scheinen (denn es vergeht kaum eine Aufnahme, ohne dass man mit dissonanten Sphärenklängen bombardiert wird), sind die philosophischen Exkursionen anregend und hallen bei den Künstlerinnen und Künstlern nach.

Was bedeutet es für ihre Arbeit, wenn Dunkelheit nur eine andere Form von Licht ist? Und wie gelangen sie an die Botschaften der Photonen, die sich mit ihrem Teilchen-Welle-Dualismus menschlichem Vorstellungsvermögen entziehen? Dazwischen immer wieder Schwenks zu Spektren oder Wellenmotiven am Bau und in die dunklen Ausstellungshöhlen der Lichtkunst, in denen vor allem Kinder auf ihre Kosten kommen. Eine erstaunliche Lehrstunde in der Disziplinen verbindenden Sprache des Kosmos – nur auf die kitschverdächtig Sonnenauf- und -untergänge hätte man verzichten können.