Leitungsduo der art karlsruhe

"Galerien in Deutschland sind endlich wieder wettbewerbsfähig"

Olga Blaß und Kristian Jarmuschek leiten die art karlsruhe als Duo. Sie sehen die Messe als guten Ort für neue Sammlerschichten - und Aufwind für den Kunstmarkt


Frau Blaß, Herr Jarmuschek, 2024 fand die erste art karlsruhe unter Ihrer gemeinsamen Leitung statt. Welche Erfahrungen nehmen Sie mit in das zweite Jahr?

Kristian Jarmuschek: In der "FAZ" gab es die Überschrift "Wer aufräumt, findet mehr". Das war ein sehr schönes Kompliment, weil beides drinsteckt, was wir vorhatten. Einerseits wollten wir die Stärken der art karlsruhe aus den vergangenen 20 Jahren wieder sichtbarer werden lassen, andererseits neue Perspektiven entwickeln. So etwa mit unserem neuen Format "re:discover" zur Wiederentdeckung künstlerischer Positionen. Das hat viel Zuspruch und Aufmerksamkeit gefunden.

Olga Blaß: 2025 wollen wir weiterentwickeln, was wir 2024 angestoßen haben. Auch dafür ist "re:discover" – in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) – ein gutes Beispiel. In diesem Jahr erwächst daraus ein weiteres Programm. Bei "re:discover" konzentrieren wir uns auf Künstlerinnen und Künstler, die noch aktiv am Markt sind. Schon in der Bewerbungsphase im vergangenen Jahr haben wir aber gemerkt, dass künstlerische Nachlässe ein großes Thema sind und immer wichtiger werden. Darauf haben wir reagiert, indem wir für 2025 ein Programm etabliert haben, das genau darauf den Fokus setzt und "re:frame" heißt.

Im vergangenen Jahr haben Sie die Anzahl der teilnehmenden Galerien radikal auf 177 reduziert. Jetzt sind doch wieder ein paar mehr dabei, 187. Wie ist das zu erklären?

KJ: Mit unserem Erfolg. Im vergangenen Jahr gab es einige Kolleginnen und Kollegen, die wir nicht sofort überzeugen konnten, sich zu bewerben, die sich aber dann die Messe angeschaut und ihre Meinung geändert haben. So hatten wir für 2025 sehr gute zusätzliche Bewerbungen. Ein paar aus Berlin sind dazugekommen und viele aus dem Rheinland. Unseren Weg "Qualität vor Quantität" werden wir aber auch in den nächsten Jahren verfolgen.

Was könnte diese Neuzugänge überzeugt haben?

KJ: In der aktuellen Lage, die natürlich auch für alle Galerien herausfordernd ist, geht es vor allem um die Frage, wie man sich neue Sammlerkreise erschließen kann. Da ist Baden-Württemberg sehr interessant. Durch die neuen Impulse, die wir 2024 setzen konnten, ist die art karlsruhe als Messe bei vielen Galerien wieder auf der Liste der möglichen Orte aufgetaucht, wo man sich zeigen und wo man netzwerken kann.

Eine Besonderheit der art karlsruhe war stets, dass neben der zeitgenössischen Kunst auch die Kunst der Moderne auf dem Programm steht. Ist das weiterhin so?

OB: Das Interesse der Galerien ist nach wie vor groß, auch die Klassische Moderne zu zeigen. Uns liegt viel daran, auch hier mit der Zeit zu gehen. Wir stehen eng mit den Galerien im Austausch, dass diese nicht nur eine bestimmte, oft ältere Sammlerschaft ansprechen, sondern auch an den Nachwuchs denken.

Die art karlsruhe ist die erste Messe im Jahr, bei der wieder der vergünstigte Steuersatz für Kunst gilt. Welchen Effekt erwarten Sie davon?

KJ: Die Galerien in Deutschland sind endlich wieder wettbewerbsfähig. Gerade an einem Standort wie Karlsruhe mit seiner Nähe zu Frankreich und zur Schweiz ist das entscheidend. Wir hoffen, dass der niedrigere Steuersatz für die Galerien aus Deutschland das Potenzial bietet, auf der Messe und darüber hinaus mehr Umsatz zu generieren.

Wo kann man außerhalb der Messehallen der art karlsruhe Kunst erleben?

OB: Wir haben uns schon 2024 sehr dafür eingesetzt, diesen Überschlag in die Stadt zu intensivieren. Daran knüpfen wir an. Gemeinsam mit den Kulturinstitutionen haben wir rund um die Messe ein Programm generiert. So findet am Donnerstag im ZKM die große Eröffnungsparty der Messe statt. Am Freitagabend öffnen zum Kunstrauschen die Projekträume und Ateliers der Stadt, und am Samstag wird es einen Galerienrundgang mit Sonderöffnungszeiten am Abend geben.

KJ: Das Interesse der Akteure der Stadt, auch auf der Messe mit einem guten Projekt sichtbar zu sein, ist sehr groß. Das wird die neue Halle 3 noch spannender machen. Das ZKM präsentiert dort eine eigene Arbeit, die Kunstakademie Karlsruhe kommt mit einer Einzelpräsentation, ebenso die City of Media Arts. Ein weiteres Thema, auf das wir Aufmerksamkeit lenken wollen, ist das private Sammeln. 2024 hat Sarah Haberkorn von der LBBW kuratorisch einen Blick auf die Sammlung geworfen. In diesem Jahr wird unsere Sonderpräsentation "Privates Sammeln" von der Direktorin der Städtischen Galerie Karlsruhe Stefanie Patruno bespielt. Sie kooperiert dafür mit einer Privatsammlung, mit der die Städtische Galerie seit Längerem im Gespräch ist. Stefanie Patruno hat aus der Sammlung eine Künstlerin ausgesucht, deren Werke sie mit solchen aus der Städtischen Galerie kombinieren wird, um auszuprobieren, wie gut beide Kunstsammlungen perspektivisch zusammen- passen könnten. Sie spricht auf diese Weise ein wichtiges Thema des Sammelns an: die Frage, wie private und öffentliche Kunstsammlungen – gerade wegen ihres unterschiedlichen Charakters – inspirierend und horizonterweiternd zusammenwirken können.

Dieser Artikel erschien zuerst in Monopol-Sonderheft zur art karlsruhe 2025