FBI-Ermittlungen

Verdacht auf Kunstfälscherskandal erschüttert New Yorker Szene

New York (dpa) - Die New Yorker Kunstwelt ist in Aufruhr: Das FBI untersucht derzeit 16 Werke berühmter Künstler wie Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko auf ihre Echtheit. Was mit der Schließung der renommierten Galerie Knoedler begann, könnte einer der größten Fälscherskandale der Kunstszene werden.

   Es war ein Paukenschlag, und er versetzte die gediegene New Yorker Kunstszene in einen Schockzustand: Am Mittwoch vergangener Woche gab die Galerie Knoedler nach 165 Jahren ihre Schließung bekannt. Zwei Tage später reichte der in London lebende belgische Hedgefonds-Manager Pierre Lagrange bei einem New Yorker Gericht Klage gegen die Galerie und deren frühere Präsidentin Ann Freedman ein. Grund: Das Jackson-Pollock-Gemälde «Untitled 1950», das Lagrange 2007 für 17 Millionen Dollar von Knoedler erstanden hatte, soll gefälscht sein.

   Lagrange hatte, nachdem Auktionshäuser wie Christie's und Sotheby's das Pollock-Werk bereits abgelehnt hatten, eine Untersuchung des Gemäldes veranlasst. Laut der «New York Times» hatten die Tests ergeben, dass zwei der Farben erst nach Pollocks Tod hergestellt wurden.

   Und es kommt noch schlimmer: Laut der «Times» überprüft das FBI insgesamt 16 Werke moderner Kunst auf ihre Echtheit. Sollte sich der Verdacht bestätigen, braust gerade einer der größten Kunstfälscherskandale auf den Big Apple zu. Im Mittelpunkt stehen neben der Galerie Knoedler die angesehene Galeristin Freedman sowie die aus Mexiko stammende Kunsthändlerin Glafira Rosales.

   Aus deren Fundus sollen die Werke im Zeitraum von knapp 20 Jahren auf Long Island aufgetaucht sein. Aus dem Nachlass eines mysteriösen Sammlers – angeblich ein mexikanischer Zuckerhändler, der auf seiner Anonymität bestehe – will die Kleingaleristin Zugriff auf unbekannte Werke von den wichtigsten Abstrakten Expressionisten gehabt haben.

Pollock, de Kooning, Rothko, Richard Diebenkorn und Robert Motherwell – das sind Namen, bei denen Kunstkenner begeistert sind und möglicherweise die nachdrückliche kritische Nachfrage vergessen. Zweifel und vereinzelte Verfahren gab es laut der «Times» bereits seit Jahren. New Yorker Kunstkenner, allen voran Freedman und Julian Weissmann, der im Auftrag von Knoedler mit Bildern von Motherwell handelte, standen mehrmals im Mittelpunkt von Ermittlungen – die waren aber nie so breit angelegt wie jetzt. Oder sie endeten, wie im Fall einer Motherwell-Klage der Dedalus Foundation, in einer Einigung.

Während die Anwälte von Freedman und Weissmann auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa zu keinem Kommentar bereit waren, sieht der Rechtsbeistand von Rosales, Anastasios Sarikas, in seiner Klientin «das Opfer in diesem ganzen Durcheinander». «Die Galerien müssen die Nachforschungen für ein Werk durchführen, aber die sind nur glücklich, etwas liefern zu können. Glafira Rosales wird hier ganz klar zu Unrecht zur Bösen abgestempelt», sagte er. Wer der mysteriöse Sammler sei, der seine Mandantin mit den begehrten Kunstwerken versorgt habe, wollte Sarikas nicht preisgeben.

Bisher besteht das Puzzle aus vielen Namen, Werken und Statements. So soll die plötzliche Schließung der Knoedler-Galerie nicht von der Furcht vor einem Eklat ausgelöst worden sein. «Mit Herrn Lagrange oder den Fälschungsbehauptungen hat das nichts zu tun», sagte die Sprecherin der Galerie, Kat Blomquist, der dpa. Es habe sich um eine «Business-Entscheidung» gehandelt, die über eine lange Zeit und nach genauen Überlegungen getroffen worden sei, so Blomquist.

   Erst Ende Oktober hatte das Kölner Landgericht in einem der größten Kunstfälscher-Verfahren der Nachkriegsgeschichte in Deutschland Haftstrafen bis zu sechs Jahren verhängt. Vier Angeklagte um den Drahtzieher Wolfgang Beltracchi hatten gestanden, jahrelang gefälschte Meisterwerke der Avantgarde der Zwischenkriegszeit in den Kunstmarkt geschleust und Millionen kassiert zu haben.