Frankfurt am Main

Neue Werke für das MMK

Ulli Crespo war nicht nur Fotografin, sondern sammelte auch Kunst. Ihre Stiftung hinterlässt dem Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main jetzt einige großartige Werke

Ihre letzte große Expedition führte sie nach Grönland. Bleigraues Gewässer, Himmel ohne Sonne. Das einzige Blau in dieser unwirtlichen Welt, aus dem jemand die Farben herausgedreht zu haben scheint: ein türkisfarbener Gletscherspalt. Die Bilder von Ulli Crespo sind im MMK Zollamt so aufgestellt, dass man um sie herumlaufen kann wie um Skulpturen. Und diese aufgetürmten Eismassen der Arktis haben tatsächlich etwas faszinierend Skulpturales. Dass die leidenschaftliche Fotografin Ulli Crespo ein von der Kunst geschultes Auge hatte, sieht man in ihren teilweise experimentellen Bildausschnitten: Manchmal ist der Horizont nur wenige Zentimeter über dem unteren Bildrand angesetzt, der Rest ist ein voluminöser Himmel.

Eigentlich hätte die Ausstellung "Grönland eiskalt" zum Anlass ihres ersten Todestages im letzten November stattfinden sollen, dann kam der zweite Lockdown. Jetzt tat sich ganz plötzlich die Chance auf, das nachzuholen. Für hoffentlich drei Wochen ist im Ableger des MMK Frankfurt nicht nur die Fotografie der engagierten Philantropin zu sehen, sondern auch zwanzig Werke aus ihrer Stiftung, die sie dem Museum für seine Sammlung überlässt.

In einem kabinettartigen Einbau in das ehemalige Zollamt sind wichtige Werke aus Crespos Sammlung ausgestellt, die nun dem MMK gehören. Schon von weitem, wenn man noch zwischen den Eisbergen steht, leuchten einen drei Gemälde von Miriam Cahn an. Sie sind eher kleinformatig, aber die bedürftigen, unheimlichen fleischigen Lichtwesen der Schweizer Malerin haben eine drängende Intensität.

Jean-Christophe Amann, der erste Direktor des MMK, hatte Cahn schon gesammelt, als sie noch nicht von der Kunstwelt entdeckt worden war. Und er teilte sein Wissen und seine Vorlieben mit seiner Unterstützerin Ulli Crespo. Susanne Pfeffer merkt dazu an, dass bestimmte Kunst auch erst in einer bestimmten Zeit begriffen werden kann. Diese drei Cahn-Gemälde sind ein großes Glück für das Museum.

Ausstellungsansicht Miriam Cahn
Foto: Axel Schneider/VG Bild-Kunst

Ausstellungsansicht Miriam Cahn

Außerdem: ein früher Penck, ebenfalls fleischig rosa, aber mehr von der männlichen Seite. Ein Till-Eulenspiegel-Gemälde des Beuys-Schülers Walter Dahn, eine Reihe von sechs Gläsern von Peter Dreher, eine Skulptur von Meuser, zwei große Autobahngeflechte von Thomas Bayrle und einiges mehr, das Susanne Pfeffer und der Sammlungsleiter Mario Kramer aussuchen konnten im Hinblick auf die Ergänzung des Bestehenden.

Besonders glücklich sind sie über zehn Beuys-Zeichnungen, denn trotz einiger bedeutender Werke (wie "Blitzschlag mit Hirsch") hat das Museum bislang keine Zeichnungen von Beuys. Diese hier sind im Zusammenhang mit dem Block Beuys zu sehen, den damals der Industrielle Karl Ströher ankaufte und der seither unverändert in Darmstadt ausgestellt ist, dem Standort seiner Firma Wella. Die Pop-Art-Sammlung Ströhers bildete dann auch den Grundstock für die Sammlung des MMK. Und so schließt sich mit den Beuys-Zeichnungen auch ein weiterer Kreis, denn die Stifterin und abenteuerlustige Fotografin Ulli Crespo war seine Enkelin, das Wella-Erbe wirkt weiter.