Centre d’Art Contemporain

Sich einen Namen machen

Das J, das O, das S, das H, in großzügig Bögen liegen sie aneinandergeschmiegt da, als wären sie seit jeher füreinander gemacht. Das S, das M direkt darunter, I, T und H folgen. „Josh Smith“– die Signatur gerät beim Maler  dieses Namens so gigantisch, dass sie selbst Gegenstand des Bildes wird. Als wolle dieser Josh Smith sagen: Im Kunstbetrieb zählt allein der Name, den du dir machst.

Nach einem ersten Blick vermutet man, dass diese Farbstürme und fiebrige Stimmung von einem neo-neo-expressionistischer Maler stammen. Doch der 33-jährige Amerikaner ist zu seiner Einzelausstellung nach Genf ohne seine Arbeiten gereist. Innerhalb von zwei Tagen malte er dort im Centre d’Art Contemporain 32 Bilder durchschnittlichen Formats mit wässriger Tinte auf die weiße Wand. Das Prinzip Kunsthalle als Ort ohne Sammlung und unmittelbarer Reaktionen auf aktuelle Tendenzen hat der Künstler also perfekt verstanden. Direkt auf die Wand gemalt, die Institution zum Atelier gemach: Aktueller geht es nicht. Ein schönes Geschenk zum 35. Geburtstag der ersten Einrichtung dieser Art in der französischsprachigen Schweiz.

Auch die Arbeitsweise hat nichts Expressionistisches. In Genf malte er Bilder aus eigenen Katalogen ab, und Sujets wiederholen sich: die herrschsüchtige Signatur, ein Laubblatt als Maske mit zwei fiesen Augenschlitzen, ein quirliger Fisch, der sich krümmt wie das J und das S. Ein Maler solle sich verausgaben, im Auftrag einer höheren Wahrheit unterwegs sein, besagt eine populäre Vorstellung vom Künstler als Genie, aber dieser Künstler arbeitet eher wie ein Pop-Artist und reproduziert so lange Klischees, bis sie als solche entlarvt sind.

Und das Großartige dabei ist: Man bekommt nie das Gefühl, als drängele sich dieses Programm – die Enthüllung von Stereotypen – in den Vordergrund. Der Maler will nichts beweisen, die Bilder erfreuen auch ohne großartige Gedanken durch Smiths Gefühl für Kolorierung, Komposition und Zerstörung.

Gegen diese Leichtigkeit und Frische wirken die Arbeiten des Polen Jakub Julian Ziółkowski, dem das Centre zeitgleich eine Etage widmet, pingelig und beklemmend - und hinterlassen einen etwas ratlos. In den Bildern und Zeichnungen des 29-Jährigen wimmelt es von Bosch-haften, boshaften Kreaturen, und weitverzweigte Spinnennetze und Stoffwechselsysteme ziehen sich über Leinwände. Die Malerei bekommt so etwas von einem Organismus, durch dem die Ölfarbe wie Blut pumpt, der belagert wird von Schmarotzern. Das verleiht den Arbeiten eine seltsame Energie, doch Ziółkowski fehlt es offenbar an Mut, den Surrealismus seiner Arbeiten bis zum Ende zu treiben.

Stattdessen versieht er alles zusätzlich mit Niedlichkeit und aufdringlichen Augenzwinkern. Da winkt etwa der Maler selbst als bebrillte Figur hinter einem Hügel, da marschieren lächerliche, cartoonartige Skelette mit riesigen Hüten durch die Landschaften. Das tut den Bildern nicht gut, Surrealismus ist eine ernste Angelegenheit.
 


Centre d’Art Contemporain, Genf, bis 16. August 2009