Pop und Technik

Mixtapes für den Jugendschwarm

Die Geschichte des Pop ist mit der Entwicklung von Technologien verknüpft. Tobi Müller verbindet in seinem Buch "Play Pause Repeat" philosophische Diskurse mit Erinnerungen an Walkman und Techno

Die Frage, ob es Popkultur und Popmusik ohne die Entwicklung von Technologien wie dem edisonschen Phonographen, Tonband und anderen Musikmedien gäbe, ist gewissermaßen rhetorisch. Kunst und Kultur im Allgemeinen standen schon immer in Beziehung zu den gesellschaftlichen Praktiken, zu denen Technik ohne Zweifel gehört. Der in der Schweiz aufgewachsene Berliner Autor Tobi Müller untersucht in seinem neuen Buch "Play Pause Repeat" die Geschichte der Popmusik und ihrer Technologien.

Dabei umreißt er den geisteswissenschaftlichen Diskurskanon in Musik- und Medienwissenschaften feuilleton- und anschlussfähig. Hier wird auf Friedrich Kittler, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Jacques Attali und Alvin Toffler genauso verwiesen wie auf Institutionen des Musikjournalismus wie Lester Bangs, Diedrich Diederichsen und Greil Marcus. Den spezifischen Zugang des Buches macht es aus, dass "Play Pause Repeat" objektiv und subjektiv zugleich ist.

Denn im 21. Jahrhundert ist es unmöglich geworden, so etwas wie eine allgemein gültige, neutral distanzierte Historisierung von Rock ’n’ Roll, Punk und Techno zu verfassen. Zu verästelt sind die Perspektiven geworden, zu viel muss gerade heute auch neu geschrieben werden, um tradierte, postimperialistische, "weiße" Narrative kritisch zu hinterfragen und neu zu konstruieren.

Tobi Müller erinnert an seine Schweizer Kindheit mit dem ersten Taperekorder, wie er Mixtapes für die Walkmen ("Grätli") seiner Jugendschwärme kompilierte und zum Schulaustausch nach Michigan flog, ohne zu ahnen, dass nebenan in Detroit gerade Techno entstehen sollte. Müller markiert dabei nicht den distinguierten Geschmacks-Hardliner. Seine Beispiele führen von Mike Oldfield, U2, Simple Minds über Ace of Base bis hin zu Adele – denn es geht hier nicht ums Exponieren oder sommelierhaftes Getue, sondern um eine fundierte Medienanalyse und Einordnung, die am Ende mit den monopolistischen Strukturen digitaler Plattformökonomien im Streaming-Zeitalter hart ins Gericht geht, aber auch stets ein ereignisreiches Popleben voller persönlicher Geschichten rekapituliert.