Im Potsdamer Museum Barberini hatten Aktivisten der Protestgruppe "Letzte Generation" am Sonntag Kartoffelbrei auf das Gemälde des französischen Impressionisten Claude Monet geschüttet. Die Gruppe forderte von der Politik wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels. Der Vorfall reiht sich ein in einer Kette von Aktionen in europäischen Museen. Die Reaktionen darauf sind vor allem ablehnend.
So hat der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, den Angriff in Potsdam kritisiert. "Ich finde es nicht gut, wenn man Kulturgüter attackiert", sagte Edenhofer am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. "Das widerspricht dem, was man eigentlich will: wir wollen den Planeten bewahren. Und zur Bewahrung gehört auch die Kultur und unser kulturelles Erbe." Edenhofer sagte: "Man sollte nicht mit solchen widersprüchlichen Aktionen unterminieren, wofür man einstehen will." Ambitionierter Klimaschutz müsse sich in demokratischen Prozessen durchsetzen und bewähren. "Wir müssen dafür kämpfen und arbeiten, das ist kein Selbstläufer."
Ähnlich äußerte sich am Montag der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: "Naturerbe und Weltkulturerbe gehören zusammen, man kann nicht das eine gegen das andere ausspielen", sagte er am Montag. "Diese Art eines die Kultur abwertenden Protests verurteilen wir scharf!" Die Ziele der Aktivisten bezeichnete er als "ehrenwert", die angewandten Mittel seien es aber keinesfalls. Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, sagte zu dem neuerlichen Vorfall: "Es ist nicht legitim, einmalige kulturelle Menschheitszeugnisse zu beschädigen, um auf die faktisch gegebenen klimatischen Probleme hinzuweisen."
Berlins Kultursenator Klaus Lederer verurteilt ebenfalls die Mittel der Aktivisten, "weil ich nämlich nicht glaube, dass das Beschmieren und Zerstören von Kunstwerken tatsächlich ein Veitrag dazu ist, das Verständnis für die Dringlichkeit des Handelns in Sachen Klimawandel zu erhöhen", wie er dem RBB am Montag sagte. Mehr Kontrollen an den Eingängen von Museen hält er indes nicht für sinnvoll: "Menschen, die Kunstwerke beschädigen wollen, finden Wege, auch wenn ich sie vorher komplett durchleuchte. Es ist eine Sekundensituation." Die Politik sei nun aufgerufen, zu sensibilisieren, "in dem Sinne, dass sie sagt: Wir hören euch, wir nehmen euch wahr und wir nehmen die Sorgen tatsächlich auch Ernst."
Der Potsdamer Oberbügrermeister Mike Schubert (SPD) übte scharfe Kritik: "Das ist Kulturbarberei und keine politische Meinungsäußerung." Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann verurteilte die Attacke. Solche Aktionen seien "durch kein noch so nobles Anliegen zu rechtfertigen", schrieb Buschmann auf Twitter. "Aktionen, die fremdes Eigentum beschädigen, sind nicht nur eine Dummheit, sondern auch kriminell." Wenn sie sich gegen unersetzliche Kulturgüter richteten, machten sie "besonders fassungslos", erklärte der Minister.
Bob Geldof: "1000 Prozent" Verständnis für Attacke
Der irische Rockmusiker und Umweltschützer Bob Geldof hat indes Verständnis für den Tomatensuppen-Wurf auf ein berühmtes Gemälde von Vincent van Gogh in London
"Die Klimaaktivisten haben zu 1000 Prozent recht. Und ich unterstütze sie zu 1000 Prozent", sagte der 71-Jährige dem Sender Radio Times. Es sei clever gewesen, das Bild "Sonnenblumen" mit einem Schätzwert von Dutzenden Millionen Euro in dem Wissen zu bewerfen, dass es mit einer Glasscheibe geschützt ist. "Es ist anstößig, van Goghs Genie zu zerstören. Das bringt nichts", sagte Geldof. Doch so sei die Aktion lediglich lästig gewesen. "Und lästig ist ganz gut."Zwei Aktivistinnen der Organisation Just Stop Oil hatten am 14. Oktober das Bild des niederländischen Künstlers in der National Gallery in London mit dem Inhalt von zwei Dosen Tomatensuppe beworfen. "Was ist mehr wert, Kunst oder Leben?", sagte eine der Frauen. Bei der Aktion soll der Rahmen des Gemäldes beschädigt worden sein. Den Frauen wird deshalb Sachbeschädigung vorgeworfen.
Geldof sagte, er sei jüngst auf der Fahrt durch London von Protesten der Organisation Extinction Rebellion aufgehalten worden. Er sei total sauer gewesen, sagte der Frontman der Gruppe Boomtown Rats. "Aber ich habe nicht gegen sie gewettert. Ich habe gedacht: Wenn ich 18 wäre, würde ich dort sein? Und die Antwort ist ja." Geldof betonte: "Sie bringen niemanden um. Der Klimawandel schon."
Auch die NDR-Rundfunkrätin und Grünen-Politikerin Jessica Kordouni verteidigt die Klima-Aktivisten. "Monet und Van Gogh hätten diesen Protest gemocht. Es geht immerhin um die Schönheit dieser Welt, die sie gemalt haben und die gerettet werden muss", schrieb sie auf Twitter. ZDF-Moderator Özden Terli schrieb ebenfalls auf Twitter, dass Kartoffelbrei auf Monet als "Kunstaktion" betrachtet werden würde, wenn sie Künstler ausgeführt hätten. "Machen es Klimaschützer ist man empört und sieht die Unterstützung der Bevölkerung beim Klimaschutz (Behauptung) gefährdet oder man versagt selbst die Unterstützung des Klimaschutzes. Ernsthaft?"
Auch die Aktivistin der "Letzten Generation", die am Sonntag den Kartoffelbrei auf das Monet-Gemälde geworfen hat, hat sich nach der Tat zu Wort gemeldet. In einem Tweet schrieb Mirjam Herrmann: "Ich wusste von der Scheibe und bin froh, dass es nicht beschädigt wurde! Die Ausstellung hat mich mehr begeistert, als jede davor! Kunst ist eine der größten Errungenschaften der Menschheit! Ich habe Angst sie zu verlieren!"