Arte-Doku "Geld Macht Kunst"

Die Kunstmarktmaschine

Gier und Glamour, Macht und Betrug - der Kunstmarkt ist verschwiegen und lässt sich ungern in die Karten schauen. Eine Arte-Doku lüftet den Schleier über dem Milliardengeschäft mit Kunst ein wenig

Kunstwerke im Wert von 100 Milliarden Dollar sollen allein im Genfer "Freihafen" lagern. Weltkunst, die schwerreiche Sammler in dem schwer gesicherten Lagerhaus zoll- und steuerfrei lagern. Die Öffentlichkeit bekommt die Kunstwerke so gut wie nie zu sehen. Gigantische Summen werden für Warhol, Modigliani, Picasso oder Francis Bacon gezahlt. Kunst ist Ware und Investment. Doch wo schwindelerregende Gewinne locken, sind auch Betrüger nicht weit.

Einen Blick in das Innere des verschwiegenen internationalen Kunstmarkts wirft die Journalistin Martina Müller in der knapp einstündigen Doku "Geld Macht Kunst", die am Mittwoch (19. Oktober) bei Arte läuft (22.25 Uhr). Natürlich werde in Kunst nicht nur sauberes Geld angelegt, sondern auch "viel graues und schwarzes Geld, was wiederum Verschwiegenheit fördert", sagt Stephan Berg, Direktor des Kunstmuseums Bonn, vor der Kamera. Er hat übrigens einen Jahresankaufetat von 150 000 Euro für Kunst. Damit kann sein Museum wie auch andere öffentlichen Museen in Deutschland bei den großen Deals nicht mitspielen.

"Kunst ist zur Ware geworden", sagt der Galerist Michael Schultz. Der Künstler Hans-Peter Feldmann verballhornt den Kunstmarkt, indem er George Washington auf der Ein-Dollar-Note eine rote Clown-Nase malt. "So einfach ist Kunst", sagt Feldmann. So einfach, so teuer: Die Wand auf einer angesagten Kunstmesse sei manchmal schon teurer als das Bild, sagt der Galerist.

Die Mondpreise auf dem Kunstmarkt ziehen auch Betrüger an. Für rund 120 Millionen Euro verkaufte der Kunsthändler Helge Achenbach dem Aldi-Erben Berthold Albrecht Kunst und Oldtimer. 20 Millionen soll Achenbach zu Unrecht kassiert haben. Dafür verurteilte ihn ein Gericht zu sechs Jahren Haft. Ein Prozess, der die sonst so diskrete Kunstszene kurz aufrührte, dann aber rasch verdaut wurde. Im Film bleiben nur noch der leere Gerichtssaal und eine knisternde Aldi-Tüte.

Kunstberater Michael Neff - Drei-Tage-Bart, schwarze Weste, weißes Hemd - wälzt sich auf der Londoner Kunstmesse Frieze lachend auf einem Bett - ein Kunstwerk natürlich. Für ihn sei der Fall Achenbach eine gute "Reklame" gewesen. Viele Sammler hätten ja gar nicht gewusst, dass es Kunstberater gibt. "Der Achenbach hat auch für Nachwuchs gesorgt."

Der milliardenschwere russische Oligarch Dmitri Rybolowlew kaufte bei dem schillernden Genfer Kunsthändler Yves Bouvier Kunst ein wie im Supermarkt. Modigliani, Da Vinci, Rothko - für 37 Kunstwerke soll Rybolowlew rund zwei Milliarden Dollar bezahlt haben - und Bouvier habe eine Milliarde an Gewinn eingestrichen. Bouvier, übrigens Gründer des Genfer Freihafens, habe ihm die Meisterwerke zu viel zu hohen Preisen verkauft, klagte Rybolowlew und zeigte ihn an.

Andere Sammler wie der französische Multimilliardär Francois Pinault halten inzwischen fast die ganze Kette der Wertschöpfung in der Hand. Pinault ist Sammler, Besitzer von Privatmuseen und des Auktionshauses Christie's. Player auf dem Markt sind auch Mega-Galerien wie Gagosian und Zwirner - weltweit agierende Unternehmen.

Wo sich das Millionenrad immer schneller dreht, bleibt der Film beruhigend sachlich. Zwar bringt die Doku keine neuen Enthüllungen, aber Müller untersucht jedes Rädchen, das die Maschine Kunst in Gang hält. "Wir können in diesen Märkten überhaupt nicht mehr mithalten", sagt Museumsdirektor Berg. Zum Glück hat das Museum schon lange eigene Werke von Richter, Polke und Baselitz.