Ausstellungen im Rheinland

Jenseits der Art Cologne

Das sind die besten Frühlings­ausstellungen in Köln, Bonn und Düsseldorf

2018 wird das Jahr der Frauen, heißt es überall. Die Institutionen und Off-Spaces im Rheinland bestätigen diese Vorhersage mit ihren Ausstellungsprogrammen. Das Beste hebt man sich hier gerne für die Zeit rund um die Art Cologne auf – und das sind dieses Jahr auffallend viele Einzelausstellungen mit großartigen Künstlerinnen.

Radikal, herausfordernd, schmerzhaft wird es im beschaulichen Bonn. Dort richtet die Bundeskunsthalle Marina Abramović eine große Retrospektive aus, die nach dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk und dem Moderna Museet in Stockholm jetzt Station in Deutschland macht. Die Unermüdlichkeit, mit der die Künstlerin ihren Körper seit den 70er-Jahren immer wieder an die Grenzen des Aushaltbaren treibt, lässt auch nach ihrem letzten monumentalen Auftritt im MoMA vor acht Jahren nicht nach. In Bonn wird die Performance, bei der über drei Monate jeden Tag Besucher ihr gegenüber Platz nehmen konnten, um sich gegenseitig in die Augen zu schauen, als Multi-Channel-Videoinstallation reinszeniert. Neben Dokumentationen von frühen Performances mit ihrem Partner Ulay werden mehrere Arbeiten reperformt, am 22. April ist Marina Abramović selbst mit ihrem neuesten Werk "The Cleaner" vor Ort.

Im kleineren Haus vor Ort, dem Bonner Kunstverein, wird Hayley Tompkins eine Hälfte der Räume mit ihren malerischen Erkundungen bespielen. Tompkins, die 2013 im schottischen Pavillon auf der Venedig-Biennale vertreten war, ist stets auf der Suche nach neuen Materialien und Gegenständen, die ihr als Maluntergrund, aber auch als Mittel zur Erforschung von Gemaltem und Physischem, von Rahmungen und ihrem Einfluss auf die Art, wie wir Bilder auffassen, dienen. Handys, Kunststofftabletts, Werkzeug, Plastikschalen und zuletzt Eimer – kein Ding ist davor sicher, durch Malerei in etwas anderes verwandelt und Teil ihrer Arbeit zu werden.

Im Epizentrum, dem Museum Ludwig in Köln, wird Haegue Yang nicht nur mit dem renommierten Wolfgang-Hahn-Preis 2018, sondern auch mit der ersten großen Überblicksausstellung samt Catalogue raisonné geehrt. Aber auch bei den Galerien gibt es Entdeckungen zu machen: Die Temporary Gallery in Köln zeigt die portugiesische Künstlerin Ana Jotta, die in ihrem Heimatland längst alle großen Institutionen bespielt, in Deutschland aber noch nie ausgestellt hat. Als habe sie etwas nachzuholen, behauptet sie in Köln den ganzen Raum für sich, mit einer improvisierten Wandmalerei und einer aus­ufernden Installation, in der ihre Anfänge als Bühnen- und Kostümbildnerin sichtbar werden. Ana Jotta (Jahrgang 1946), die in ihrer Geburtsstadt Lissabon lebt, lässt sich in keine Schublade stecken, sie arbeitet mit Malerei und Zeichnung, mit Textil und Leder, Schrift und Sprache.

Bei den Off-Spaces lohnt ein Blick zu Tyson im Kölner Süden: Hier zeigt Noemi Weber, bis 2017 Meisterschülerin von Katharina Grosse an der Düsseldorfer Akademie, ihre lauten Malereien, die keinen Halt vor den Widerspenstigkeiten von Material, Format oder Farbe machen. Wo haftet die Farbe, welchen Weg bahnt sie sich, bleibt die Oberfläche sich selbst überlassen, oder wird sie mit Mitteln wie glänzender Plastikfolie "bezwungen"? Es ist dieses ständige Kippen zwischen Kontrolle und Zufall, das Noemi Webers Arbeiten so sehenswert macht.

Nicht fehlen darf ein Abstecher nach Düsseldorf: Im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen fordert Kasia Fudakowski sich und die Besucher heraus. In ihrem neuen Filmprojekt "Word Count" bringt sie die Ressourcenknappheit der Erde mit dem Überfluss an Informationen zusammen, indem sie den Protagonisten auferlegt, ihre Gespräche jeden Tag auf nur 433 Wörter zu reduzieren, in Anlehnung an John Cages 4'33". Diesem Limit mussten sich auch der Pressetext und jede Art der Ausstellungskommunikation beugen – gleiches Recht für alle.