Wolfgang Henze, Sie sind mit der Galerie Henze & Ketterer fast von Anfang an bei der Art Karlsruhe als Aussteller dabei und seit vielen Jahren im Beirat. Was hat Sie dazu bewogen, hier auszustellen?
Da vor rund 15 Jahren die Klassische Moderne und insbesondere der Expressionismus, unser Spezialgebiet, von der Art Basel verbannt wurden, erschien uns die Art Karlsruhe neben der Art Cologne als vielversprechender Standort im kunstsinnigen Südwesten, auch von der Schweiz und von Frankreich aus leicht erreichbar.
Was macht den Südwesten als Marktplatz attraktiv?
Der Südwesten zeichnet sich – wie das gesamte Wein trinkende Deutschland – dadurch aus, dass es nicht nur in den größeren Zentren Kunstsammler gibt, sondern dass dort auch auf dem Land die überdurchschnittlich große Zahl von kreativen Unternehmern und Industriellen ihren Horizont mit Kunst erweitern.
Wie hat sich die Messe nach Ihrer Meinung in den letzten Jahren entwickelt?
Die Art Karlsruhe hat sich von Jahr zu Jahr in der künstlerischen Qualität, in der Präsentation, in der Organisation durch die Messegesellschaft, also in jeder Hinsicht verbessert. Selbstverständlich gab es mal Rückschläge, und ebenso selbstverständlich arbeiten wir, die Messegesellschaft und der Beirat, kontinuierlich an Verbesserungen. Dies tun wir allerdings behutsam, nicht nach Hauruckmethoden und nicht nur nach Künstlerrankings schielend. Karlsruhe hat eben sein eigenes Gepräge, seine eigene Methode, und ich glaube, das ist gut.
Verträgt Deutschland zwei große Kunstmessen?
Ohne Weiteres, vor allem wenn es zwei derartig unterschiedliche Messecharaktere sind.
Wie attraktiv ist Deutschland als Messestandort?
Deutschland ist für unser Spezialgebiet, Klassische Moderne, insbesondere Expressionismus, nach wie vor das weltweite Zentrum des Interesses. Deutschland hatte seit dem 19. Jahrhundert, und hat es wohl immer noch, die größte Anzahl und die bedeutendsten Kunstsammler auch der jeweiligen Gegenwart, wenn hier auch der erste Rang inzwischen von den USA übernommen wurde.
Bietet Deutschland weitere Vorteile für den Kunsthandel?
Der gesamte Kunsthandel in Deutschland – Galerien, Kunsthandlungen und Kunstauktionatoren – zeichnet sich durch ein sehr hohes Maß an Professionalität und Zuverlässigkeit aus. Weniger als in anderen Weltgegenden geht es ihm um Investition, sondern nach wie vor mehr um die Kunst. Das hat allerdings den – je nach Sicht des Teilnehmers – Vor- oder Nachteil einer weniger steilen Entwicklung der Preise für Kunstwerke als in anderen Gegenden.
Wie hat sich die Sammlerschaft über einen längeren Zeitraum entwickelt? Was sind die Unterschiede zu früher?
Es gibt sie glücklicherweise immer noch, die große Anzahl von kleinen und großen Sammlerinnen und Sammlern, die mit viel Herzblut zur Erkenntnis kommen, dass sie ohne dieses Kunstwerk nicht leben möchten, oder gar ganze Sammlungen nach sehr persönlichen Vorstellungen zusammentragen. Da hat sich an den Personen und Persönlichkeiten in den letzten Jahrzehnten gar nicht so viel verändert. Was sich verändert hat, ist auf der anderen Seite das Angebot von Kunst. Es ist riesig, ob man nun die Qualitätsfrage stellt oder nicht. Es hat weitaus mehr zugenommen als die Menge und der Kaufwille oder die Kaufkraft der Sammlerschaft. Da liegt ein Problem, ein bereits viel diskutiertes.