Große Namen: Die Premierenschau im Museum Brandhorst geht auf Nummer sicher und macht dabei Laune auf mehr

 

Geld mache nicht glücklich, meinte Woody Allen einmal, aber es sei so viel besser, im Taxi zu heulen als in der U-Bahn.
Ob seine Kunstsammlung ihn glücklich gemacht hat, weiß nur Udo Brandhorst allein. Aber sicher ist es viel schöner, sie in einem solchen Bau zu sehen als in der heimischen Villa. Spannend angeordnete White Cubes in unterschiedlichen Größen ermöglichen überraschende Blickachsen. Das Design der Fußböden und der frei schwingenden Treppe aus gebleichter Eiche ist zeitlos. Durch die Hallen fließt ein von allen Seiten kommendes, samtweiches Licht.
Die Eröffnung des Museums Brandhorst in München war eines der umstrittensten Ereignisse des Kunstjahres. Andere Sammler bauen sich ihre Privatmuseen selbst. Brandhorst gelang es hingegen, den Freistaat Bayern davon zu überzeugen, ihm einen an das Areal der Pinakothek der Moderne angeschlossenen, 48 Millionen Euro teuren Bau mitsamt Betriebs- und Personalkosten zu finanzieren. Im Gegenzug überließ er der Bayerischen Staatsgemäldesammlung über 700 Arbeiten von Cy Twombly, Andy Warhol, Bruce Nauman, Mike Kelley oder Damien Hirst als unkündbare Dauerleihgabe. Rund 100 Millionen Euro ist die Sammlung wert, die er mit seiner verstorbenen Ehefrau, der Henkel-Erbin Anette, zusammengetragen hat. Ein Stiftungsvermögen von 120 Millionen Euro ist Teil des Joint Venture. Die Zinserträge stellen jährlich zwei Millionen Euro für Neuerwerbungen bereit.
Ein Grund, warum die Sammlung in Kunstkreisen einen ambivalenten Ruf genießt, ist Brandhorsts konservativer Ansatz: Er konzentriert sich auf die sicheren Aktien des späten 20. Jahrhunderts, junge Kunst findet man bei ihm kaum. Doch in Verbindung mit der kuratorischen Handschrift von Stiftungsdirektor Armin Zweite und den soliden Museumsräumen von Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton tut das dem Haus paradoxerweise gut. Es ist keinen Moment wirklich überraschend, was hier in Szene gesetzt wird. Aber einem breiten Publikum wird manches gezeigt, das es so in Deutschland sonst nicht zu sehen bekommt.
Zwar kann auch die markante, in drei Pastellfarbfamilien aufgeteilte Keramikstabfassade den Bau nicht vor der Kistenform retten, die durch das schmale Grundstück vorgegeben wird, doch die Architekten wissen, wie man Kunst präsentiert. Durch die Versetzung der Etagengrundrisse und den ausgeklügelten Einsatz von Prismaglasfenstern wird gefiltertes Tageslicht vom Oberlichtsaal bis ins Untergeschoss gelenkt. Büroräume und Depots befinden sich in unsichtbaren Unter- und Zwischengeschossen. Durch die Nutzung der Abwärme des Pinakothek-Viertels und anderer umweltfreundlicher Details ist ein Museumsbau von überraschender Nachhaltigkeit entstanden.
Hier präsentiert Armin Zweite, ehemaliger Direktor der Kunstsammlung NRW, das Tafelsilber der Sammlung, die in den vergangenen beiden Jahren in Abstimmung mit der Pinakothek der Moderne noch einmal einen Qualitätssprung gemacht hat. In der Halle im Untergeschoss hat er ein paar der Jesus-Siebdrucke von Andy Warhol mit einer großen „Marien­erscheinung“ von Polke, einer Häschenbronze von Koons und zwei Glasboxen mit Krankenhausmüll von Hirst kombiniert. Vor einem überlebensgroßen „Oxidation Painting“ überkommt einen der Gedanke, wie erhaben Pisse sein kann – oder zumindest die von Warhol und seinen Assistenten, die das Werk damit „gemalt“ haben. Die über die beiden ersten Stockwerke verteilten Räume beeindrucken mit Komplexen von Robert Gober, Alex Katz, Eric Fischl, Christopher Wool oder Katharina Fritsch.
Das Obergeschoss des Museums ist komplett Cy Twombly gewidmet – und schon sein Konvolut allein lohnt den Besuch. Dem zwölfteiligen „Lepanto“-Zyklus ließ Udo Brandhorst in Abstimmung mit dem Künstler einen eigenen Raum bauen. Bei einem Besuch in Twomblys Atelier im italienischen Gaeta stellte er fest, dass der zentrale Oberlichtsaal des Hauses ähnliche Ausmaße hat und nahm den fünfteiligen „Gaeta“-Zyklus gleich mit. Die an Rosenblüten erinnernden Formen der gigantischen Leinwände beruhen auf Gedichten von Rilke, Dickinson und Bachmann. Schönheit und Verblühen gehen in diesem Farbrausch ineinander über, Ruhm und Vergessen, Leben und Tod.
Im Vorfeld hatte es Wirbel wegen eines Gerichtsverfahrens zwischen Brandhorst und einer New Yorker Galeristin gegeben, die Anspruch auf zwei Damien-Hirst-Werke aus der Sammlung erhebt (Monopol berichtete im März). Doch die Parteien wollen sich jetzt außergerichtlich einigen. Eines der umstrittenen Objekte hängt bereits. „Hymn“, das andere, soll Anfang Juni vor dem Museum aufgebaut werden. Die sechs Meter große Bronze hat das Zeug, zum Markenzeichen des Museums zu avancieren, zum Symbol für eine vorerst überzeugende Sammlungspräsentation. Eine zweite wird zeigen müssen, wie weit die Schätze des Udo Brandhorst wirklich tragen.