Suche nach Grenzerfahrung

Französischer Extremkünstler lässt sich in Felsen einschließen

Der Extremkünstler Abraham Poincheval lebte bereits in einem ausgestopften Bären und in einer Flasche. Nun ließ sich der Franzose im Pariser Palais de Tokyo in einen Felsen einschließen.

Die Luftzufuhr erfolgt über einen Schlauch, der durch den Felsen gezogen wurde; ein Apparat überwacht seine Herzrhythmusfunktion. Seit Mittwoch lebt Abraham Poincheval in einem Felsen, der im Pariser Palais de Tokyo steht. Mit seiner Performance geht der französische Extremkünstler an seine körperlichen und mentalen Grenzen. Er wolle wissen, wie weit man sein Selbst verändern kann, sagte der Mittvierziger vor seiner Aktion. Diesmal wolle er die mineralische Welt erforschen. Poincheval will acht Tage in dem Felsen eingeschlossen bleiben. 

Der Felsen wiegt zwölf Tonnen. Er wurde in der Mitte in zwei Teile zersägt. Vor Hunderten von Besuchern ließ sich Poincheval am Mittwoch einschließen. Seitdem kann man auf einer Videokamera verfolgen, wie er in der steinernen Zwangsjacke lebt. Um etwas sehen zu können, trägt Poincheval eine Stirnlampe. Hin und wieder bewegt er sich. Mehr ist im Innern des Felsens, in dem er gerade mal Platz zum Sitzen hat, nicht möglich. Der Künstler wird nicht rund um die Uhr gefilmt. Man wolle mit den Aufnahmen einen Eindruck seines Lebensraums vermitteln, sagte Jean de Loisy, der Direktor des Museums für moderne Kunst.

Das werde eine Reise mit vielen Eindrücken sein, erklärte de Loisy. Angst um den Künstler, dem er in dem Museum unweit des Trocadéro eine Ausstellung widmet, hat er nicht. Poincheval habe Erfahrung und wisse mit Extremsituationen umzugehen, versicherte de Loisy, der für seine Kunstevents bekannt ist. Im vergangenen Sommer hatte de Loisy dem Bestsellerautor Michel Houellebecq seine erste Kunstausstellung gewidmet.

Poincheval hat diese Reise mit einem Arzt und einem Fachmann für Sophrologie - also für körperliche und psychische Entspannungstechniken - vorbereitet. Trockenfleisch und Flüssignahrung sind seine einzige Kost. Die Performance werde eine seiner extremsten Erfahrungen sein, wie er in einer Pressekonferenz Anfang Februar erklärte. "Ich will wissen, ob es möglich ist, ein anderes Leben als das unsere zu erforschen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Poincheval mit seinen Aktionen von sich reden macht. Im Jahr 2014 verbrachte er im Pariser Jagd- und Naturmuseum 13 Tage in einem ausgestopften Bären. Damals wollte er die Verbindung zu den Vorfahren und der Tierwelt erkunden. Ende Juli 2015 ließ sich der Extremkünstler, der in Marseille lebt, in einer Riesenflasche auf der Rhône treiben. Im Inneren der 6 Meter langen und 2 Meter breiten Glasflasche erreichten die Temperaturen teilweise bis zu 50 Grad. Der Bär als auch die Flasche, mit denen Poincheval auf Entdeckungsreise ging, sind im Museum ausgestellt.

Die Volksbühne in Berlin.


Nach jeder Performance braucht der Vater zweier Kinder mehrere Monate, um wieder in die heutige Zeit zurückzufinden. Am schlimmsten sei das Ende seiner Aktionen, wie er erklärte. Da falle er in eine Art Depression. Bislang hat Poincheval noch nie eine Performance abgebrochen. An einer Aktion arbeitet er schon seit Jahren: Sein Traum sei es, auf Wolken zu gehen.