Abwesenheitsnotiz (4): Niklas Goldbach

Der Sonne zum Trotz

"Als ich vor drei Jahren gefragt wurde, ob ich nicht einen Sommer lang Videokunst an einer Kunsthochschule in Nordschweden unterrichten wolle, sagte ich sofort zu - schliesslich ist eines meiner Ideale von perfekten Sommerferien geprägt durch die skandinavischen Fernsehserien, die ich als Kind sah: Gesunde Kinder spielten da in unberührter Natur und erlebten sorgenfrei Abenteuer.

Die Provinz Västerbotten, in der ich mich in diesen Sommer erneut befinde, ist so groß wie Dänemark, hat aber nur 255.000 Einwohner und drei Städte: In der grössten, Umeå, befindet sich die Kunsthochschule. Zwischen den Städten findet man tatsächlich sehr viel Natur und noch mehr Holzschuppen, die aus irgendeinem Grund historisch geschützt sind und teilweise recht skulptural und verlassen in der Landschaft herumstehen. Ihre ehemaligen Besitzer sind wahrscheinlich abgewandert.

Die Website Västerbottens erwähnt diese Überbleibsel traditioneller Landwirtschaft mit keinem Wort, sondern lädt stattdessen in 'Europas letzter Wildnis' zum 'Golfspielen in heller Sommernacht' ein. Tatsächlich ist das mit der Sonne ist hier so eine Sache: In den Sommermonaten geht sie nie wirklich unter, was für die Arbeit mit der Videokamera natürlich ideal ist, aber nach einer Weile auch auf die Stimmung drückt. Für so viele Stunden Tageslicht gibt es hier nicht genug zu tun, Geschäfte und Kneipen schließen zu früher Stunde und plötzlich steht man allein in der Sonne.

In den Orten, die ich für meine Video- und Printarbeiten auswähle, verdichten sich oftmals die dystopischen Aspekte zivilisierter Lebenswelten - also habe ich mich entschlossen, besagten Holzschuppen in meiner neuen Videoarbeit immerhin eine Nebenrolle zukommen zu lassen."

Der Videokünstler Niklas Goldbach, geboren 1973 in Witten, lebt und arbeitet in Berlin.

Abwesenheitsnotiz Teil 1: Katja Strunz und Uwe Henneken

Abwesenheitsnotiz Teil 2: Bettina Allamoda


Abwesenheitsnotiz Teil 3: Albrecht Schäfer