Documenta-Chef

Adam Szymczyk: vom großen Schweiger zum Welten-Erklärer

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Adam Szymczyk am 8. April bei der Eröffnung der Ausstellung Documenta 14 im Museum für zeitgenössische Kunst (EMST) in Athen

Er versteht sich als Teamplayer und glaubt an die politische Kraft der Kunst: Der Pole Adam Szymczyk ist für die Documenta 14 verantwortlich. Ein Mann großer Worte ist er nicht Vor fünf Jahren wurde Adam Szymczyk zum künstlerischen Leiter der Documenta gewählt, dem vielleicht einflussreichsten Job der Kunstwelt. Plötzlich stand der eher introvertierte Pole im Rampenlicht - wo er sich augenscheinlich ziemlich unwohl fühlte. Bei öffentlichen Auftritten wirke der 47-Jährige "oft wie in Luft aufgelöst", schrieb das Magazin der "Süddeutschen Zeitung". Bei einem Termin mit Sponsoren habe er ausgesehen "wie Nick Cave bei einem Konzert der Leipziger Thomaner". Bei Pressekonferenzen und Podiumsdisskussionen sagte er wenig und noch weniger Konkretes: "Szymczyk, die Sphinx".

"Die Kunst ist seine Sprache", sagt Museumsdirektorin Susanne Gaensheimer über ihn. Sie war Mitglied der Jury, die Szymczyk 2013 zum Documenta-Leiter wählte. Das Konzept, mit dem er sich gegen fünf Konkurrenten durchsetzte, war kühn: Er wollte die Documenta, die seit 1955 in Kassel stattfindet, gleichberechtigt in zwei Städten durchführen. Noch vor der Eröffnung in Kassel sollte die Schau im von Finanzkrise und Flüchtlingsansturm gebeutelten Athen beginnen.

Szymczyk wurde 1970 in Polen geboren. Er studierte Kunstgeschichte in Warschau, jobbte in Galerien, schrieb Kritiken. In den 90er-Jahren absolvierte er eine Kuratoren-Ausbildung in Amsterdam. 2003 wurde er Direktor der Kunsthalle Basel. 2008 ko-kuratierte er die "Berlin Biennale". Nachdem er zum künstlerischen Leiter der Documenta ernannt worden war, listete ihn das britische Magazin "ArtReview" auf Platz zwei der einflussreichsten Personen in der Kunstwelt.

Schweizer Weggefährten attestierten ihm "eine unbestechliche intellektuelle Brillanz", beschrieben ihn aber auch als "scheu und wenig zugänglich". "Seine Ausstellungen waren immer eine Herausforderung, auch für Kunstgewohnte." Szymczyk habe "ein intellektuelles Programm" gemacht, "weg von der Malerei, hin zu Leere, zu Reduktion, zu installativen Arbeiten, zu Interventionen".

Dieser Linie blieb er auch im ersten Teil der Documenta 14 treu. In Athen gibt es so viele Performances zu sehen wie nie zuvor, darunter auch eine Arbeit seiner Lebensgefährtin Alexandra Bachzetsis, die als Tochter eines Griechen in der Schweiz geboren wurde.

Szymczyk gilt als politischer Kurator, der etwas sagen will zur Lage der Welt. "Wir müssen wieder Verantwortung übernehmen und wie politische Subjekte handeln, anstatt das einfach den gewählten Vertretern zu überlassen", sagte er in Athen.

Szymczyk versteht sich als Teamplayer. Bei der Eröffnungspressekonferenz - seine Vorgängerin trug bei diesem Anlass einen ebenso langen wie unverständlichen Essay vor - saß er inmitten seiner Künstler auf der Bühne und war Teil einer non-verbalen Performance, bevor er seinen Mit-Kuratoren das Wort überließ.

Szymczyk rät den Besucher, möglichst unvoreingenommen zur Documenta zu kommen, sich treiben und überraschen zu lassen "Eine Ausstellung sollte eine Erfahrung sein. Eine Erfahrung ohne große vorprogrammierte Erwartungen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Bis zu eine Million Gäste werden in beiden Städten erwartet. Szymczyk würde dann nicht nur mit dem Zwei-Städte-Konzept sondern auch mit einem Besucherrekord in die Documenta-Geschichte eingehen.

Ein großes Interview mit Adam Szymczyk lesen Sie in der Juni-Ausgabe von Monopol