Schau in Moskau

ZKM-Direktor Weibel will Kunst als Klammer für gespaltenes Europa

Nach dem Zweiten Weltkrieg trennte der Eiserne Vorhang Europa. Künstler fanden trotzdem ähnliche Antworten auf existenzielle Fragen, zeigt eine Ausstellung in Moskau. Für die deutschen Macher der Schau ein hoffnungsvolles Zeichen

Kunst muss in der Sicht des ZKM-Direktors Peter Weibel eine verbindende Klammer in einem Europa zunehmender Spannungen und Spaltungen sein. Politik und Religion teilten den Kontinent, "Kultur vereint Europa". Das sagte der Leiter des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (Karlsruhe) in Moskau zur Eröffnung der Ausstellung "Facing the Future. Art in Europe 1945-1968".

Die Schau mit 200 Werken, die seit Dienstag im Puschkin-Museum zu sehen ist, belegt Weibels These mit dem Blick auf die Vergangenheit: Als Europa nach dem Zweiten Weltkrieg tief gespalten war, fanden Avantgarde-Künstler auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs verblüffend ähnliche Antworten auf ihre Fragen.

"Sie haben gemeinsam reagiert auf diesen Krieg, auf den Nationalsozialismus und Auschwitz, auf die Katastrophe des Gulag, auf die Bedrohungen durch den Atomkrieg", sagte Kurator Eckhart Gillen aus Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Es sei auch heute wichtig, "sich in Europa als Einheit zu sehen, sich nicht von dieser Kalter-Krieg-Stimmung beeinflussen zu lassen." Künstler sollten dabei im Wortsinne die Avantgarde stellen, sagte Gillen.

Die Ausstellung kombiniert Werke von Pablo Picasso, Fernand Leger, Jean Dubuffet, Lucian Freud oder Otto Mühl mit dem Schaffen von Tadeusz Kantor, Alexander Dejneka, Wadim Sidur, Laszlo Lakner und Bela Kondor. Für die Kunst des geteilten Deutschlands stehen unter anderem Gerhard Richter, Joseph Beuys, Georg Baselitz, Werner Tübke und Willi Sitte.

Weibel sagte, für ihn habe sich bei der Vorbereitung der Ausstellung das Bild der zeitlichen Zusammenhänge korrigiert. "Wenn ich anfangs geglaubt habe, dass der Westler früher dran war, habe ich manchmal gesehen, dass das stimmt, und manchmal, dass es nicht stimmt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Zum Beispiel habe der polnische Theatermacher Jerzy Grotowski mit seinem "armen Theater" einen Anstoß für die "Arte Povera" (arme Kunst) in Italien gegeben.

Mit der gleichen Ost-West-übergreifenden Konzeption ist die Ausstellung zuvor in Brüssel und Karlsruhe gezeigt worden. Sie wurde in Moskau um russische Künstler und westliche Werke aus russischen Sammlungen ergänzt und läuft bis zum 21. Mai.