Daniel Hug

"Wir stehen vor einer Wende"

Herr Hug, offiziell haben Sie ihr Amt als neuer Messechef im vergangenen Mai angetreten. Was wird auf der ersten Art Cologne, die Sie verantworten, anders aussehen?
Alles! Die Messe ist kleiner, wesentlich konzentrierter geworden, und wir sind in eine neue Halle gezogen. Endlich gibt es einen Vorplatz und einen Haupteingang, die direkt ins Geschehen führen. Gleich am Südeingang wird man vom neuen Skulpturenprojekt empfangen: Hier können die teilnehmenden Galerien als Statement eine große Skulptur zeigen. Es gab ungefähr 60 Vorschläge, und Renate Goldmann vom Skulpturenpark Köln hat daraus eine Auswahl getroffen. Arbeiten von Tony Cragg, Stephan Balkenhol, Daniel Spoerri, Keith Sonnier, aber auch von Newcomern wie Damien Roach.
 
Sie sind also abgekommen von den umstrittenen Sonderschauen?
Genau. Die Skulpturen werden von den teilnehmenden Galerien eingebracht. Wir wollen keine großen, kostspieligen Sammlerausstellungen mehr, wie sie in den vergangenen Jahren gezeigt wurden.
 
Ein Kritikpunkt war auch das mangelnde Engagement der Stadt Köln und ihrer Kulturinstitutionen während der Art Cologne.
Ich war überrascht, dass sich alle auf das Messegeschehen konzentrierten, die Museen hatten hier Stände, jeder musste auf der Messe präsent sein. Es war aber wichtig, die Art Cologne aufs Kerngeschäft - als Handelsschau von Galerien - zurückzuführen. Diese Rückbesinnung macht es zugleich erforderlich, dass die Stadt drumherum Aktivitäten zeigt. Nicht nur Köln, auch Düsseldorf, das ganze Rheinland. Für mich, der von außen kommt, ist es ziemlich absurd, dass die Städte starke Kunstszenen haben, aber kein Dialog stattfindet. Daher kommt die Idee, quasi ins Rheinland zu expandieren. Überall passiert was.
 
Glauben Sie, dass die Art Cologne wieder die Nummer Eins werden kann?
Zunächst: Es ist eine große Marke, bewährt seit 43 Jahren. Völlig klar, dass es mal rosige, mal schwierige Phasen gibt. Im Augenblick stehen die Chancen gut für einen Aufschwung. Es gibt nicht viele Messen wie der Art Cologne mit den Feldern Klassische Moderne, Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst. Insofern ist sie auch nicht wirklich mit der Londoner Frieze oder dem Art Forum Berlin zu vergleichen. Wir müssen uns eher mit der Art Basel und der Pariser Fiac messen.
 
Alle müssen jetzt auf die Finanzkrise reagieren. Wie sehen ihre Maßnahmen aus?
Der wichtigste Schritt heißt: die Größe der Messe reduzieren, wenn der Markt herunterfährt. Gleichzeitig erhöht man so die Verkaufschancen einzelner Aussteller. Aber der schwächelnde Markt hat auch positive Aspekte, etwa die höhere Nachfrage an qualitativ hochwertigen Arbeiten. Kunstproduktion ist jetzt weniger mit finanziellen Erwartungen verbunden. Diese Akademie-Absolventen, die aufs schnelle Geld aus sind und sehr kommerzielle Kunst produzieren, wird man jetzt seltener antreffen. Wir stehen vor einer qualitativen Wende, und das gilt für Sammler und Galeristen ebenso wie für die Künstler selbst.
 
Es gab widersprüchliche Meldungen darüber, ob Sie selbst noch als Galerist in Los Angeles tätig sind.
Da hat es Missverständnisse gegeben. Ich leite die Galerie nicht mehr. Das würde zwangsläufig zu Interessenskonflikten führen. Die Galerie heißt heißt jetzt Mesler & Hug, ich habe sie an Joe Mesler einen guten Kollegen und Freund abgegeben, der mir versprochen hat, das Programm in meinem Sinn weiterzuführen. Ich wollte die Galerie aber nicht schließen, vor allem, weil das schlimm für die Künstler ist. Ich habe in Chicago die Erfahrung gemacht, dass man so ein Haus nicht einfach irgendwann neu eröffnen kann. Die Leute verlieren das Vertrauen.
 
Die Art Cologne steht und fällt mit den internationalen Galerien. Was haben Sie da zu bieten?
Ich bin zufrieden. Drei interessante russische Galerien sind dabei. Aus Paris kommen Chantal Crousel, Loevenbruck, Lahumiere und Frank Elbaz. Aus New York sind Broadway 1602, Laurence Miller, eine zentrale Galerie für Nachkriegsfotografie, Eleven Rivington und Rental dabei. Aus Los Angeles haben wir 1301PE, Pardo oder Mihay Nicodeme, die ehemalige Container Gallery. China Art Objects nicht zu vergessen. Die Galerien aus London kann ich gar nicht alle aufzählen.
 
Im internationalen Gremium, das über die Aussteller entscheidet, sitzen mit den Galeristen Hans Mayer und Christian Nagel auch frühere scharfe Kritiker der Art Cologne. Inwiefern ist es wichtig, solche Leute wieder ins Boot zu holen?
Es ist doch so: Wenn dir eine Sache egal ist, dann lässt du sie eben den Bach runtergehen. Wenn du aber weißt, die Sache ist gut, aber die sich darum kümmern, machen Fehler, fängst du an, konstruktive Kritik zu üben. So war es bei Hans Mayer und Christian Nagel. Wir haben festgestellt, dass wir in der Diagnose, was mit der Art Cologne falsch gelaufen ist, übereinstimmen - was ihre Überdimensionierung anging, zum Beispiel. Also: Wer etwas kritisiert, der liebt es von ganzem Herzen. Und dafür schätze ich Mayer und Nagel.
 
Die Deutsche Bank hat sich als Sponsor zurückgezogen, das war sicher hart für Sie.
Fünf Jahre lang hat die Deutsche Bank die Art Cologne unterstützt, vorher hatte es keinen Sponsor gegeben. Natürlich hat der Rückzug wehgetan, aber die Messe wird es überleben. Wir führen jetzt Gespräche mit potentiellen Sponsoren, aber wir wollen uns Zeit nehmen, einen wirklich passenden Sponsor zu finden.
 
Wie erholen Sie sich nach der Messe?
Nach der Messe ist vor der Messe. Ich mache gleich mit den Recherchen für die Art Cologne 2010 weiter.
 
 
Interview: Jens Hinrichsen