Migros Museum

Wie ein gutes Make-up: Black und Ruckhäberle in Zürich

Wenn es um die so genannten Malerstars der Neuen Leipziger Schule geht, fällt gelegentlich auch der Name Christoph Ruckhäberle. Zwar wurde der Maler 1972 in Pfaffenhofen geboren, aber er ist durch die präzise Ausbildung der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst gegangen und lebt und arbeitet dort auch heute noch.
 
Beim Recycling malerischer Traditionen, das dort gepflegt wird, hat sich Ruckhäberle eine zur Zeit recht einzigartige Position ausgesucht: Er mixt Kubismus á la Picasso mit einer Portion Groteske á la Otto Dix und George Grosz, jagt die Farbpalette in Richtung Neon – und produziert Bilder, die einen beachtlichen Schauwert haben. Das zumindest zeigt seine kürzlich eröffnete Einzelausstellung im Zürcher Migros Museum mehr als deutlich. Dort flaniert man erst an Serien von knalligen Zeichnungen und dann an großformatigen Gemälden vorbei, die das Prinzip des kabarettistisch angehauchten Retrokubismus in allen erdenklichen Varianten durchspielen: Mädchen mit pittoresken Dreiecks-Röcken zu Dreiecks-Frisuren, nackte Männer, die aussehen wie afrikanische Holzskulpturen, nackte Frauen wie von Modigliani gemalt, die schreiend bunte Comics in der Hand halten, immer wieder Clowns und Affen – wer interpretieren will, denkt an Freud, die Sexualität und die Masken.
 
Allerdings: Über Freud und die Maske kommt diese Malerei dann auch nicht hinaus, und ist das wirklich theoretisches Material, das uns in der Gegenwart wirklich noch weiterbringt? Zumal, wenn es auch noch in malerische Techniken verpackt wird, die vor einem Jahrhundert schon mit gewisser Meisterschaft ausformuliert wurden? Das Recycling der klassischen Moderne mag Konjunktur haben, aber bei Christoph Ruckhäberle, so zeigt dieser Überblick, wird leider nicht ganz klar, was der Mehrwert für die Gegenwart sein soll. Er bleibt im Historismus stecken.

Anders die 1972 geborene Schottin Karla Black. Ihre Referenzen, so liest man, liegen im Minimalismus – mittlerweile auch schon eine fast zu Tode beschworene Avantgarde-Richtung. Und auch dass sie mit den Insignien des aktuellen Schönheitskult arbeitet, mit Gesichtspulver, Lippenstift und Nagellack arbeitet, klingt verdächtig nach postfeministischem Standardkonzept. Doch wenn man dann in ihrer raumgreifenden Installation in der Eingangshalle des Migros Museum steht, wird man sofort von seinen Vorurteilen kuriert.
 
Nein, das hat man noch nicht gesehen, so eine bestimmt zweihundert Quadratmeter große Bodenskulptur aus pastelltürkis eingefärbtem Kreidestaub, der jeden Moment droht, sich in eine Wolke zu verwandeln. Mit Nagellackpunkten versehenes Zellophan verknäult sich zu Skulpturen, in einer riesigen Wandarbeit erblühen wangenrougerote Wolken auf Papier. Karla Black gelingt in dieser  Rauminszenierung die seltene Mischung aus Flüchtigkeit, Romantik und Witz - und die historischen Referenzen sind so dezent wie ein gutes Make-up.
 



Bis 16. August 2009