Wohin im Dezember?

Was man Freiheit nennt

Pawel Althamer
„Heutige Kunstpraxis ist mehr im Fluss und in Kommunikation mit anderen Bereichen als alles andere“, sagt Pawel Althamer, „sie ähnelt am meisten dem, was man Freiheit nennt.“ Der polnische Künstler war schon auf der Akademie in Warschau so frei, in einem Video seine Kleider abzulegen und in einem Wald hinter Bäumen zu verschwinden. Als „Ballon“ ließ er sein Alter Ego seit 1999 an verschiedenen Orten in der Luft schweben. Jetzt erhält der Bildhauer, Performer und Visionär den Kunstpreis Aachen. Die dazugehörige Ausstellung widmet er den Kindern – „die uns heilig sind“ (Althamer) –, sie dürfen in Obhut einer „Kirche“ nach Herzenslust spielen und toben.
Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen, 12. Dezember bis März 2011

„Color Fields“
Den Pinsel mochten sie als Malinstrument weniger: Künstler wie Morris Louis, Kenneth Noland oder Frank Stella gossen oder sprühten die Farbe lieber auf die Leinwand. So konnten sie sich vom gestischen Repertoire der Action-Painter abgrenzen. Im Deutschen Guggenheim präsentiert eine konzentrierte Auswahl die wichtigsten Farbfeldmaler der 60er- und 70er-Jahre. 14 Werke von 13 Künstlern sind zu sehen, darunter Mark Rothkos „No. 18 (Black, Orange on Maron)“ von 1963, auf dem die Flächen mal vor dem Auge zu schweben beginnen, mal wie schwerer Samt auf dem Hintergrund ruhen. Auf Jules Olitskis Gemälde „Lysander I“ (1970, siehe Bildstrecke) ereignet sich ein stiller Kampf zwischen Gelb und Pink.
Deutsche Guggenheim, Berlin, bis 10. Januar 2011

Sergej Jensen
Die Soloschau im Portikus ist ein Heimspiel für Sergej Jensen. Der 1973 in Dänemark geborene Künstler wurde an der Frankfurter Städelschule ausgebildet. „Seine Bilder entstehen über Prozesse des Zusammenfügens, Tätigkeiten wie Stricken, Häkeln, Nähen“, erklärte sein Professor Thomas Bayrle gegenüber Monopol, „das sind ja Textilprozesse eher als Bildermachen.“ Oft ziehen sich die Bearbeitungen der Textilien jahrelang hin. Die Arbeitsspuren werden zu malerischen Gesten. Im Portikus zeigt Jensen eine ortsspezifische Installation, in der neue und schon existierende Arbeiten präsentiert werden.
Portikus, Frankfurt, 27. November bis 16. Januar 2011

„Cut. Scherenschnitte 1970–2010“
Am besten geht’s mit der Chirurgenschere. Der Schattenriss hat sich heute zu einem eigenständigen künstlerischen Medium entwickelt. Die Ausstellung „Cut“ zeigt etwa 50 Arbeiten aus vier Jahrzehnten, darunter Scherenschnitte von „Klassikern“ wie Christian Boltanski oder Felix Droese. Gerade jüngere Virtuosen der Doppelklinge, wie Kara Walker, Jeanne Faust, Thomas Baldischwyler oder Annette Schröter, bleiben nicht an der Fläche kleben, sondern nutzen die Technik zu räumlichen und skulpturalen Arbeiten. Die Britin Charlotte McGowan-Griffin schneidet Installationen aus Papier, die sie mit der – in Melvilles „Moby Dick“ beschriebenen – Häutung von Walen vergleicht.
Hamburger Kunsthalle, bis 6. Februar

„Neues Rheinland. Die postironische Generation“
Schluss mit lustig? Das ist mit dem Begriff der „postironischen Generation“ nicht gemeint. Die These von einer neuen künstlerischen Generation im Rheinland: Die Waffe der Ironie sei stumpf geworden, die heutige Avantgarde orientiere sich verstärkt am Menschen, an seiner Körperlichkeit und seinen Utopien. Über 30 Positionen sind vertreten. Künstler wie Alexandra Bircken, Diango Hernández, Martin Pfeifle oder Eli Cortiñas Hidalgo gehen mit neuer Ernsthaftigkeit zu Werke, aber nicht humorfrei.
Museum Morsbroich, Leverkusen, bis 13. Februar 2011

David Claerbout: „uncertain eye“
Der belgische Künstler bringt die Wahrnehmung ins Schleudern. In seinen aufwendigen Videoinstallationen versetzt David Claerbout alte Fotografien digital in Bewegung oder verlangsamt selbst gedrehte Filmaufnahmen. Zeit ist sein zentrales Thema. Claerbout hat eine Vorliebe für flüchtige Alltagsmomente wie etwa die Abschiedsgeste einer Frau in „Long Goodbye“, die sich zu einer Vanitas-Geste verdichtet. Neben solchen etwas älteren Arbeiten zeigt die Pinakothek der Moderne zwei neue Installationen: „Sunrise“ und „Riverside“.
Pinakothek der Moderne, München, bis 9. Januar 2011

„POWER UP – Female Pop Art“
Frauen in der Pop-Art? Es gab sie, jenseits der weiblichen Konsumobjekte in den Bildern von Mel Ramos, Tom Wesselmann oder Allen Jones. Der Titel dieser Ausstellung verdankt sich einem bunten Textsiebdruck von Sister Corita Kent, einer Nonne in Los Angeles, die Pop-Art produzierte. „Power Up“ wirft einen alternativen Blick auf diese Kunstströmung der 60er-Jahre, indem die Schau lediglich Kunst von Frauen aus dieser Zeit zeigt. Neben Niki de Saint Phalle und Dorothy Iannone gehören Künstlerinnen wie Christa Dichgans, Rosalyn Drexler, Jann Haworth, Kiki Kogelnik und Marisol zur Auswahl. Eine von vielen Entdeckungen: Evelyne Axell, die Körper, Genuss und Sexualität provokativ zur Schau stellt.
Kunsthalle Wien, bis 20. Februar 2011