Warhol für den Hausgebrauch

 

 

Andy Warhol – Giant Size

Herausgegeben von Phaidon-Redakteuren.
Mit einem Vorwort von Dave Hickey Phaidon-Verlag. 624 Seiten. 95 Euro

 

DAS PRINZIP

Mit der „Giant Size“ ist es wie mit dem Porsche Carrera: unvernünftig viel PS, dabei aber sehr chic. Zum Angeben also bestens geeignet. Und zum Blättern.

 

WELCHES WARHOL-BILD WIRD VERMITTELT?

Die Herangehensweise erinnert an die Hofberichterstattung in der Gala: Andy Warhol ist der König, gezeigt wird er in grobkörnigen Hochglanzbildern. Dazu: adressierte Briefumschläge, Rechnungsfaksimiles, Filmszenen. Sogar ein Brief von Mick Jagger. Die Kunst ist nebensächlich.

 

KONSUMIERBARKEIT

Der Bildband ist so groß und schwer wie ein Marmorgrabstein. Wie ein Grabstein liegt er aber auch in der Hand. Eignet sich nur, wenn man sich gleich einen stabilen Beistelltisch dazukauft und keine Sorgen um die Statik hat.

 

FAZIT

Beinahe neun Kilo Buch – wenn schon Personalityshow, dann bitte so: verschwenderisch dekadent mit Bildern, Schnipseln, Dokumenten, Anekdoten.

 

 

 

 

 

 

Shadows and Other Signs of Life

Anniversary Notes for Andy Warhol
Herausgegeben von Benjamin H. D. Buchloh Verlag der Buchhandlung Walther König. Texte in Englisch und Französisch. 120 Seiten. 39,80 Euro

 

DAS PRINZIP

Der Band zeigt 96 Abbildungen, denen das Thema Schatten zugrunde liegt. Darunter sind Schwarzweißfotos, Polaroids, Schablonenbilder und Urochrome. Dazu stellt der Kritiker Benjamin H. D. Buchloh 19 „Anniversary Notes“, die die Arbeiten Warhols in den kunsthistorischen Kontext des 20. Jahrhunderts einordnen.

 

WELCHES WARHOL-BILD WIRD VERMITTELT?

Hier geht es nicht um lustige Celebrity-Geschichtchen, Partys oder Gehässigkeiten. Die Bedeutung Andy Warhols als Künstler wird nicht vorausgesetzt, sondern hergeleitet.

 

KONSUMIERBARKEIT

Während man durch „Giant Size“ eigentlich nur blättert, um Bilder anzuschauen, und in „Popism“ nur liest, ist „Shadows“ die ideale Mischung von Schauen und Lernen.

 

FAZIT

Es sind nur 19 sehr kurze Texte – und man hat eigentlich alles über Warhol gelesen, was man wissen muss.

 

 

 

 

 

 

Popism – Meine 60er Jahre

Von Andy Warhol und Pat Hackett
Schirmer/Mosel. Deutsch von Nikolaus G. Schneider. 300 Seiten. 29,80 Euro

 

DAS PRINZIP

Es musste erst eine Nachlassverwalterin sterben, damit das 1980 erstmals erschienene Buch endlich auf Deutsch erscheinen konnte. Warhol beschreibt darin zusammen mit seiner Assistentin Pat Hackett seine Anfänge als Künstler.

 

WELCHES WARHOL-BILD WIRD VERMITTELT?

In seiner Autobiografie gibt er sich längst nicht als der coole Factory-Chef. Dafür lästerlich: „Ich fragte Larry nach Jackson Pollock. ‚Pollock? Sehr unangenehm. Sehr dumm.‘“ Oder auch ehrlich: „Ich frage alle und jeden, was ich ihrer Meinunung nach tun soll. Das mache ich bis heute so.“

 

KONSUMIERBARKEIT

„Popism“ ist wie ein Warhol-Siebdruck: bunt und schnell zu kapieren. „Nur das überlebt, was der Geschmack der jeweils herrschenden Klasse für überlebenswert erklärt, und das sind normalerweise Werke, die dem Kanon und dem Kunstbegriff dieser Klasse am ehesten entsprechen.“

 

FAZIT

Seine Tagebücher sind das erste Blog, „Popism“ ist wie ein geschwätziges Manifest. Nirgendwo lernt man so viel über die Anfänge von Pop und das Ende des abstrakten Expressionismus. „Ich war froh, dass die routinemäßigen Schlägereien aufgehört hatten, das entsprach nicht meinem Stil, von meiner Tauglichkeit ganz zu schweigen.“

 

 

 

 

 

 

Factory Girl
Ein Film von George Hickenlooper.
Mit Sienna Miller und Guy Pearce
USA 2006. 99 Minuten. DVD erhältlich über www.factorygirlmovie.net. Circa 20 Euro

 

DAS PRINZIP

Die Schöne und das Biest: Sienna Miller spielt in dem Biopic Edie Sedgwick, dieses arme reiche Mädchen, das an den herzlosen Andy Warhol gerät. Sie stirbt verarmt den Drogentod. Er wird reich und berühmt. So platt, so gemein ist die Welt – zumindest nach diesem Film.

 

WELCHES WARHOL-BILD WIRD VERMITTELT?

Warhol? Das ist doch dieser blasierte Schnösel. Wen interessiert die Kunst, was zählt, ist das Leben. Und da macht die bezaubernde Edie Sedgewick einfach mehr her. Warhol wird als reine Pappfigur dargestellt.

 

KONSUMIERBARKEIT

Der Satz „Ich habe noch nie ein Mädchen gesehen, das so viele Probleme hat“ macht das Anschauen nicht zur völligen Zeitverschwendung. Einer dieser Filme, die man sich für einen langweiligen Sonntagnachmittag ausleihen kann.

 

FAZIT

Da ist leider kein Wow-Faktor, wie Warhol gesagt hätte. Zur Pointe taugt gerade noch, dass das It- Girl von einst vom derzeitigen It-Girl gespielt wird. Mehr ist da nicht.