Aga Khan Award for Architecture

Von wegen Minarette

In den Teilnahmebedingungen steht, es müsse sich um ein exzellentes Projekt in einer der „muslimischen Gesellschaften“ handeln, was Bauten von Nordafrika über Indien nach Malaysia bis China einschließt und ein Parkhaus, ein Leprastift oder eine urbane Quartierserneuerung meinen kann. „Wir verwenden den Begriff ‚islamische Architektur‘ nicht“, erklärt Farrokh Derakhshani, der Direktor des Aga Khan Awards for Architecture, mit 500.000 US-Dollar Preisgeld einer der höchst dotierten Architekturpreise für realisierte Projekte. „Der Begriff ist uns zu sehr geprägt von der alten Sicht der Europäer auf die Mauren.“

Es gehe überhaupt nicht um Identitätsfolklore, sondern vor allem um die gesellschaftliche Funktion der Projekte, die von Scouts in aller Welt ermittelt und dem Komitee vorgeschlagen werden: Wie integriert sich ein Gebäude in seinen Standort, in das soziale Leben, und ist hier eine neue Idee realisiert worden, die Schule machen könnte?

Der Preis wird alle drei Jahre vergeben und die Jury besteht aus Architekten, Designern, Künstlern und Philosophen. So war dieses Mal neben Jean Nouvel, der selbst Preisträger ist, auch der Künstler Anish Kapoor dabei, der Architekt Norman Foster und der Museumdirektor Glenn Lowry vom New Yorker MoMA sitzen im Auswahlkomitee.

Die Auszeichnung, die am Mittwoch in Katar verliehen wurde, teilen sich dieses Mal fünf Gewinner für sehr unterschiedliche Projekte. Die Emre Arolat Architects haben in Edirne in der Türkei eine wegweisende Textilfabrik gebaut (die hochwertige Mode von Ipekyol wird auch nach Deutschland verkauft, ein Gegenentwurf zum Billiglohnland „Made in Turkey for H&M“), Li Xiaodong verantwortet in der chinesischen Provinz Fujian eine kleine Schule, die zugleich eine Brücke zwischen zwei Dorfteilen ist, es wurde die Restaurierung und Wiederbelebung der Altstadt von Tunis und des Hanifa-Tals in Saudi-Arabien prämiert. Und in Cordoba haben Nieto Sobejano Arquitectos aus Madrid und Berlin (Enrique Sobejano unterrichtet an der Universität der Künste) ein Museum für archäologische islamische Funde des Madinat al-Zahra gegründet.

„Hätten sie eine Shopping Mall gebaut, wäre das natürlich nicht in Frage gekommen für den Preis“, sagt Derakhshani lachend. Aber gerade hier im Maurenland kann das alte Missverständnis über die Architektur der muslimischen Gesellschaften vielleicht am besten aus dem Weg geräumt werden.


Der TV-Sender BBC World strahlt anlässlich des Preisverleihung ab dem 27. November die Dokureihe “Architects on the Frontline” aus. Mehr Informationen unter www.bbcworldnews.com