Walter Pfeiffers Scrapbooks

Vom Leben gezeichnet



Für den armen Poeten mag es ein schwacher Trost sein, aber es gibt in der Kulturgeschichte doch so etwas wie die Gnade der späten Entdeckung. Walter Pfeiffer etwa wurde erst zu Beginn des neuen Jahrtausends einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, da steuerte er auf die 60 zu und hatte seit über 30 Jahren Fotografien gemacht, wie man sie sonst nur von Andy Warhol, Larry Clark oder Nan Goldin kannte.

Mitte der 70er bewarb sich der Schweizer bei einem von Harald Szeemann organisierten Wettbewerb für autobiografische Künstlerbücher. Pfeiffer klebte Schnappschüsse neben Inszeniertes, Selbstporträts neben Fotos seiner Freunde – „meine Stars und Starlets“, wie er die Gruppe nennt, die tatsächlich aus einem Warhol-Film stammen könnte –, dazu Aufnahmen von Füßen (inspiriert von einer Begegnung mit Schuhdesigner Manolo Blahnik) sowie Zeichnungen. Die Jury zeigte sich beeindruckt, den Preis, einen Druck des Buchs, gewann er aber nicht.

Im kleinen Schweizer Verlag Patrick Frey ist das Stück jetzt doch noch erschienen, zusammen mit weiteren faksimilierten Scrapbooks aus den Jahren 1969 bis 1985. Die Bücher versammeln Fundstücke aus Modemagazinen, eigene Polaroids und Anmerkungen, Sex, Glamour und Trash.

Die Arrangements (sehr schön etwa: der Brief eines Freundes, garniert mit Spargel-Fotos) verraten, dass Pfeiffer lange als Grafiker arbeitete, doch mehr als vom Kunstwollen sind seine Sammlungen vom Leben gezeichnet. Würde er heute ein solches Projekt starten, dürfte das Ergebnis zu bewusst wirken, in seiner Lässigkeit prätentiös. So aber kommen die Scrapbooks, drei Jahrzehnte nach ihrem Entstehen, gerade zur rechten Zeit.  

Walter Pfeiffer: „Scrapbooks 1969–1985“. Edition Patrick Frey, 460 Seiten, 62 Euro