Leiterin habe den "Erwartungen nicht entsprochen"

Streit um Führung des Beuys-Museums Moyland landet vor Gericht

Das Museum Moyland ist eines der wichtigsten Häuser für Kunst von Joseph Beuys. Nun ist ein Streit um die künstlerische Leitung entbrannt. Letzten Endes geht es dabei um die Museumswände. Sollen sie vollgehängt werden oder nicht?

Dass etwas nicht stimmte, fiel erst durch die neue Signatur der bisherigen künstlerischen Direktorin des Beuys-Museums Schloss Moyland auf. "Bettina Paust, Leiterin Joseph Beuys Archiv, Stellvertretende Künstlerische Direktorin" steht dort seit geraumer Zeit. Stellvertreterin? Wer ist dann Chef in Moyland, fragt man sich. Und seit wann? Nun kam heraus, dass der Posten der künstlerischen Leitung des Museums schon seit fast einem Jahr vakant ist. Dabei ist das Museum bedeutend für das Land, denn es hütet einen einzigartigen Bestand von rund 6000 frühen Arbeiten von Joseph Beuys (1921-1986) sowie Zehntausende Dokumente und Fotos.

Schon im April 2016 lief der Sieben-Jahres-Vertrag von Paust aus, wie jetzt erst publik wurde. Das Stiftungs-Kuratorium, bestehend aus Vertretern des Landes NRW, der Sammlerfamilie van der Grinten und den Schlossbesitzern, hatte den Vertrag nicht verlängert, aber auch keine Neubesetzung präsentiert. Paust wurde auf ihren früheren Posten der Vize-Direktorin zurückversetzt - aber sie macht ihren Führungsjob bis heute weiter.

Paust zog fristgemäß gegen die Degradierung vor das Arbeitsgericht Wesel, um ihre Anstellung zu klären - und siegte in erster Instanz. Der Arbeitsvertrag ende nicht mit dem 30.4. 2016, sondern die Tätigkeit als künstlerische Direktorin sei ihr vielmehr unbefristet übertragen, urteilte das Gericht. Die Stiftung ging in Berufung. Eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in zweiter Instanz ist in wenigen Monaten zu erwarten.

Ausgerechnet im 20. Jubiläumsjahr von Moyland ist dies ein weiterer unrühmlicher Akt in einem seit Jahren immer wieder aufflammenden Streit um die Ausrichtung des Museums. Das Land NRW, das 2,9 Millionen Euro jährlich in das Haus steckt, hatte sich bisher öffentlich nie über Pausts Arbeit beklagt.

Schon vor Pausts Amtsantritt 2009 war die Leitung des Museums wegen interner Streitigkeiten vier Jahre nicht besetzt gewesen. Paust hatte das Museum dann grundlegend modernisiert. Vor allem hatte sie die kritisierte Hängung der Bilder in engen Reihen übereinander aufgegeben und präsentiert stattdessen weniger Beuys-Arbeiten, aber im ständigen Wechsel. Sie zeigte auch internationale Künstler und initiierte den Joseph-Beuys-Forschungspreis. Moyland ist auch Kooperationspartner für die mit Spannung erwartete Beuys-Dokumentation von Andres Veiel, die bei der Berlinale im Wettbewerb läuft.

2015 hatte das Museum nahe der holländischen Grenze rund 50 000 Besucher - ohne die Besucher des Weihnachtsmarkts, 2014 waren es noch 55 000. Andere Häuser haben nur halb so viel Besucher. Der Vorstandssprecher der Stiftung und Sammler-Sohn Franz-Rudolf van der Grinten ist dennoch nicht zufrieden. Paust habe "den Erwartungen nicht entsprochen", sagt er. Die Besucherzahlen seien zu niedrig. Anfang der 2000er-Jahre habe man noch über 150 000 Besucher gehabt. Außerdem gehe der Trend in der Museumslandschaft wieder "zur Fülle" an den Wänden. Paust aber wolle aus Moyland ein "Museum für moderne Kunst" machen. Das sei der Grund, warum es an Attraktivität verloren habe.

Paust hatte das neue Konzept für Moyland zusammen mit dem Architekten Thomas Albrecht entwickelt, der auch das kürzlich eröffnete Kunstmuseum Barberini in Potsdam gestaltet hat. Die Stiftung hatte das Konzept abgesegnet.

NRW-Kulturministerin Christina Kampmann (SPD) als Vize-Kuratoriumsvorsitzende - den eigentlichen Vorsitz hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) inne - wollte sich angesichts des schwelenden Rechtsstreits nicht äußern. Aus dem Ministerium verlautete aber, dass eine neue Leitung für Moyland gesucht werden solle, falls die Stiftung den Berufungsprozess gewinne.

In der Landesregierung, der maßgeblichen Kraft im Kuratorium, hat Paust also offenbar keinen Rückhalt mehr. Gründe wurden nicht genannt. Im Bund war das bisher anders. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), in deren Wahlkreis Kleve Moyland liegt, eröffnete 2016 die sehr gelobte Ausstellung "Lasst Blumen sprechen".

Warum der Führungsstreit so eskalieren konnte, ist unklar. Der CDU-Kulturpolitiker Thomas Sternberg sieht Zeichen "für eine völlige Überlastung» des Hauses. Die Kultur sei in dem Ministerium, das auch die Bereiche Familie, Kinder, Jugend und Sport verantwortet, nur "fünftes Rad am Wagen". "Da passieren dann handwerkliche Fehler", sagt Sternberg. Auch van der Grinten räumt ein: "Das ist nicht optimal gelaufen."